Platon und die Entstehung des Bildungsbegriffs

25.8.2021

Um den Begriff der Bildung und dessen Bedeutung für die heutige Zeit besser erläutern zu können, beginne ich in einer Zeit, wo Philosophen, die heutigen Pädagogen wider- spiegelten. Ich beginne in einer Zeit, wo meist Gleichnisse, die Gedanken anderer auf- zeigten und aus denen wir, mit unserem heutigen Wissen, lernen können.

Beginnen möchte ich mit Platons Höhengleichnis, da dies wohl einen der schmerzhaf- testen Beschreibungen des Aufstieges hin zur Bildung ist, denn er wollte damit Fragen von Bildung und Erziehung aufwerfen und diskutieren.

Platon beschreibt die Menschen, welche anfangs gefesselt in der Höhle sitzen, als un- frei, denn sie können weder das Original vom Abbild unterscheiden, noch Freiheit von Unfreiheit abgrenzen (Rieger-Ladich, 2019). Das, was in der Höhle geschieht, soll einen Vergleich darstellen. Zum einen der Mensch in seiner Natur, ganz ohne Bildung und andererseits der gebildete Mensch (Andreas & Martin, 1998). Wichtig zu wissen ist, dass die Höhlenbewohner ihre Lage weder verstehen, noch sie als misslich empfinden. Die Befreiung muss deshalb unter Zwang vollzogen werden – es liegt keine intrinsische Mo- tivation des Höhlenbewohners vor (Rieger-Ladich, 2019). Dennoch wirft das Gleichnis hier schon einige Fragen auf, die Spielraum für Interpretation bieten. So sind zum einen die Fesseln nichts angeborenes, sie sind nicht natürlichen Ursprungs. Wer also fesselte die Höhlenbewohner? Und auch die Art der Fesselung lässt sich interpretieren. Sie sind an Füßen und dem Halse gefesselt – also zum einen um an Ort und Stelle zu bleiben, zum anderen, sind sie nicht in der Lage, ihren Kopf zu bewegen. Die Hände allerdings sind frei, zum Hantieren geeignet. Einfache Tätigkeiten könnten damit verrichtet werden – sie sind also arbeitsfähig. Allerdings könnten sie auch die Hände verwenden, um die Fesseln zu lösen (Andreas & Martin, 1998), doch genau hier beginnt der Bildungspro- zess, den Platon beschreibt, denn die Höhlenbewohner sehen keinen Grund darin, ihre Fesseln zu lösen. Bildung ist nicht statisches, sondern dynamisch, wie die Bewegung des Höhlenbewohners hin zum Licht. Das vertraute Habitat muss nun hinter sich gelas- sen werden und es muss eine Zuwendung zum Fremden, zum Unbekannten, stattfinden. Die benötigte, gewaltvolle Befreiung aus dem Dunklen in das Helle, benötigt zum einen, jemanden der den Höhlenbewohner befreit, welcher als eine Art Lehrer fungiert, und zum anderen auch eine Eigenbeteiligung, weshalb ein Zusammenspiel zwischen dem Befreiten und dem Lehrer notwendig ist. Platon möchte uns darauf Aufmerksam ma- chen, selbst darüber nachzudenken, wovon wir gefesselt werden und wovon wir uns abwenden möchten. Um ein freies Leben zu führen, müssen wir mit Widerständen rech- nen und sind auf die Unterstützung von anderen angewiesen (Rieger-Ladich, 2019). So stellt sich dennoch die Frage, wer die Menschen sind, die entlang der Mauer laufen und das Schattenspiel für die Gefesselten an die Wand projizieren? Man könnte diesen „wissenden“ Menschen auch die Rolle als Lehrer zuweisen, denn sie zeigen den Höh- lenbewohnern Gegenstände, zwar nicht die Realen, sondern nur Schattenbilder davon. Es lässt sich zeigen, dass der Lehrer den Körper des Schülers unter vollständiger Be- herrschung hat, doch stellt sich hier wiederum die Frage, ob er dies nicht nur aus einer Bewahrpädagogik heraus macht, um den Schüler vor einer eigenen Verantwortung zu schützen - aber es kann auch didaktisch motiviert sein. Die Präsentation der Schatten soll verhindern, dass die Schüler durch ihre Sicht auf den Inhalt abgelenkt werden – was hier eher als nebensächliches Merkmal des Objekts deklariert wird. Auch das Feuer, welches das Schattenspiel an die Wand projiziert, kann eine weitaus bedeutsamere Rolle spielen. So macht das Feuer den Lehrgegenstand für alle sichtbar, in genau der Form, wie der Schatten widergespiegelt wird. Um sich besser als Schüler zu konzentrie- ren, wird durch die Projektion das Bild des Gegenstandes vergrößert (Andreas & Martin, 1998).

Durch die Hinwendung zum Licht, dem schmerzhaften Aufstieg – weg von der dunkeln Realität – beginnt die Bildung. Platon war der Meinung, dass der, der Gutes wirklich erkannt hat, gar nichts anderes kann, als gut handeln zu wollen. So wird dieser Höhlen- bewohner wieder in die Dunkelheit hinabsteigen und versuchen, die anderen dort aufzu- klären. Doch kann dies gelingen? Es wird beschrieben, wie unwohl sich der nun Gebil- dete unter den Halbgebildeten fühlt. Die Schattenbilder, welche an der Wand projiziert werden, können ihn durch seine neu gemachten Eindrücke nicht mehr beeindrucken. Er weiß nun, dass es nur Trugbilder waren und nicht der Wirklichkeit entsprachen. Zum einen verließ nun der Entfesselte sein bisheriges Leben, da er mit der Erkenntnis, die er im Licht gewann, nie wieder dem glauben mag, was er in der Höhle als Realität empfand. Zugleich können die anderen Gefesselten seinen Worten keine Wahrheit schenken. Der Wissende ist in dieser Welt, welche in der Höhle stattfindet, handlungsunfähig. Der nun Gebildete weis über die vielfältigen Möglichkeiten, wie der Verstandsgebrauch verirrt und getäuscht werden kann, bescheid. Er hat also nicht die Arroganz wie die Lehrer, die innerhalb der Höhle die Abbildungen der Gegenstände präsentierten, sondern er ist de- ren Feind geworden, denn durch seine Erkenntnis, kann er es sich zur Aufgabe machen, dass Feuer zu löschen und alle Gefesselten, unter Schmerz, zu Gebildeten zu machen (Andreas & Martin, 1998).

Katja Schnittker (Psychologiestudentin der Pädagogik)

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