Bildnerische Gestaltung und Interpretation
Der Betrachter steht in leicht erhöhter Position vor einer drängenden Menschenmasse. Diese besondere Perspektive verstärkt das Gefühl der Konfrontation mit den entgegenkommenden Figuren und deren starren, maskenhaften Gesichtern.
Die Farbgestaltung ist düster und symbolisch. Der Nachthimmel erstreckt sich in tiefem Königsblau über die Straßenszene. Die Gesichter der Personen heben sich durch einen grellen weiß-gelben Kontrast vom dunklen Hintergrund ab, was auf eine frontale Lichtquelle hindeutet und die gespenstische Atmosphäre verstärkt.
In der Bildinterpretation wird oft eine biografische Deutung vorgenommen: Die einsame Schattenperson, die der Menschenmasse entgegenwirkt, könnte Munch selbst darstellen - den Künstler, der neue Wege geht. Die Menschenmenge mit ihren verschreckten, aber emotionslosen Gesichtern repräsentiert möglicherweise die konventionelle Gesellschaft, die Gefühle nicht offen zeigt.
Munch behandelte in seinen Werken wiederholt Themen wie Angst, Einsamkeit und gesellschaftliche Entfremdung. Seine expressionistische Malweise zielt darauf ab, innere Zustände sichtbar zu machen, anstatt die Realität objektiv abzubilden - was sich deutlich von Vincent van Goghs Stil unterscheidet, dem "Der Schrei" fälschlicherweise manchmal zugeschrieben wird.