Der Historismus: Eine Epoche der Wiederbelebung
Der Historismus war eine bedeutende Kunstepoche, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichte. Diese Periode zeichnete sich durch das Aufgreifen und Verwenden von Stilen früherer Epochen aus, wobei sie sich langsam vom Klassizismus löste. Der Historismus ist im kunsthistorischen Sinne keine eigene Stilepoche, sondern vielmehr eine Bewegung, die verschiedene historische Stile wiederbelebte und neu interpretierte.
Definition: Der Historismus ist eine Kunstrichtung, die sich durch die Wiederaufnahme und Neuinterpretation historischer Stile auszeichnet.
Die Anfänge des Historismus in Mitteleuropa gehen auf das Jahr 1850 zurück, wobei die Bewegung in Frankreich bereits zwischen 1820 und 1850 aufkam. In England manifestierte sich der Historismus im Viktorianischen Stil, der von 1837 bis 1901 vorherrschte.
Highlight: Der Historismus löste die Zeit des Biedermeiers (1815-1848) ab und wird in Frankreich auch als Louis-Philippe-Stil bezeichnet.
Im Historismus gab es keinen einheitlichen, typischen Stil. Stattdessen wurden verschiedene historische Stile aufgegriffen und neu interpretiert, darunter:
- Neorenaissance
- Neuromanik
- Neubarock
- Neurokoko
- Neugotik
Diese Strömungen zeichneten sich durch eine Aufmerksamkeit für Details, üppiges Dekor und die Verwendung historischer Elemente aus. In der Architektur manifestierte sich dies in Form von Erkern, Kuppeln, großen Balkonen und einer Vorliebe für den "altdeutschen Stil".
Beispiel: Das Schloss Neuschwanstein, 1892 vollendet, ist ein weltbekanntes "Märchenschloss" im Stil einer deutschen Ritterburg und ein herausragendes Beispiel für den romantischen Historismus.
Bedeutende Vertreter des Historismus in Deutschland waren:
- Gottfried Semper (1803-1879)
- Theophil Edvard Hansen (1813-1891)
- Martin Elsässer (1884-1958)
- Georg-Adolf-Demmler (1804-1879)
- Hermann Friedrich Waessmann (1813-1879)
- Julius Raschdorf (1823-1914)
- Gabriel Seidl (1848-1913)
Diese Architekten schufen beeindruckende Bauwerke wie Parlamente, Kirchen, Museen, Theater, Opern und repräsentative Bauten des Bürgertums. Auch in der Möbelkunst und Bildhauerei fand der Historismus seinen Ausdruck.
Vocabulary: Neorenaissance-Merkmale umfassen Erker, Kuppeln, große Balkone und eine Betonung auf Details.
Der Historismus lässt sich zeitlich in drei Phasen einteilen:
- Romantischer Historismus (bis 1870)
- Strenger Historismus (1870-1890)
- Späthistorismus (ab 1890)
Jede dieser Phasen hatte ihre eigenen Charakteristika und Schwerpunkte in der Interpretation historischer Stile.
Quote: "Allgemein gibt es keinen typischen Stil im Historismus" - Dies unterstreicht die Vielfalt und Flexibilität dieser Kunstepoche.
Die Historismus Architektur Merkmale umfassten nicht nur die Wiederbelebung historischer Stile, sondern auch die Integration neuer Technologien wie Eisenkonstruktionen. Dies ermöglichte die Errichtung imposanter Brücken und anderer innovativer Bauwerke, die die traditionellen Formen mit modernen Bautechniken verbanden.