Erregungsleitung und Lokalanästhesie
Bei Schmerz- und Berührungsempfindungen sind verschiedene Neuronentypen im Einsatz. Schmerzreize werden durch dünne Aδ-Neuronen und C-Neuronen ohne Myelinscheide geleitet, während Berührungsempfindungen über dickere Aβ-Neuronen übertragen werden. Diese Unterschiede nutzt man bei der Lokalanästhesie gezielt aus.
Wenn ein Zahnarzt eine Lidocain-Spritze in den Gaumen gibt, diffundiert der Wirkstoff durch die Axonmembran und blockiert die Natriumionenkanäle in den schmerzleitenden Neuronen. Da die dünnen Schmerzneuronen ein geringeres Cytoplasmavolumen haben, kann sich das Anästhetikum dort schneller verteilen und wirksam werden. Zudem benötigen sie eine geringere Dosis des Wirkstoffs, um genügend Ionenkanäle zu blockieren.
Bei den dickeren Berührungsneuronen bleibt die Lidocain-Konzentration aufgrund des größeren Axondurchmessers unter der Wirksamkeitsgrenze. Die elektrische Erregungsleitung wird dort nicht ausreichend gestört, weshalb Patienten zwar keine Schmerzen, aber durchaus noch Berührungen spüren können.
Wusstest du? Bei der Lokalanästhesie fallen die verschiedenen Empfindungsqualitäten in einer bestimmten Reihenfolge aus: zuerst Schmerz, dann Temperatur, Berührung, Druck und zuletzt die Motorik. Dies erklärt, warum du beim Zahnarzt trotz Lidocain-Betäubung manchmal noch spürst, dass etwas passiert, aber keine Schmerzen empfindest.
Die unterschiedliche Empfindlichkeit von Nervenfasern gegenüber Lokalanästhetika wie Lidocain hängt direkt mit ihrem Durchmesser zusammen. Dünne, schmerzleitende Nozizeptoren reagieren empfindlicher auf das Medikament als dicke, berührungsempfindliche Fasern. So kann ein nozizeptiver Schmerz gezielt ausgeschaltet werden, während andere Sinnesempfindungen erhalten bleiben.