Literatur der Moderne (1880-1930): Epochenumbruch 1900
Der Epochenumbruch 19./20. Jahrhundert in der Literatur markiert eine Zeit des Zwiespalts und des Übergangs. Diese Periode wird als "böse Zeit" charakterisiert, geprägt von einem Zwiespalt gegenüber Staat und Politik. In der Kunst und Poesie zeigt sich ein Spannungsfeld zwischen der Verehrung klassischer Ideale und der Abwendung von diesen zugunsten eines realistischeren Ansatzes.
Zentrale Merkmale der Literatur der Jahrhundertwende sind:
- Skepsis gegenüber traditionellen Werten
- Relativierung der Realitäten
- Infragestellung zeitlos gültiger Wahrheiten
- Pluralismus und Widersprüchlichkeit rasch wechselnder Werte
- Zunehmende Dominanz des Irrationalen und Unbewussten
Highlight: Die Literatur um 1900 zeichnet sich durch eine Vielzahl von Stilrichtungen aus, die alle eine Abkehr vom Naturalismus und der reinen Wirklichkeitsdarstellung gemeinsam haben.
Die wichtigsten Stilrichtungen dieser Epoche sind:
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Impressionismus:
Fokussiert auf den subjektiven Eindruck und feinste Nuancen der Stimmung.
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Symbolismus:
Verwendet eine suggestive, zur Musikalität getriebene Sprache und spricht eher die Emotionen als den Verstand an.
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Neuromantik 1890:
Eine Gegenströmung zum Naturalismus, die sich von der Gegenwart abwendet und sich der Geschichte, Sage und dem Mythos zuwendet.
Definition: Neuromantik ist eine literarische Strömung, die das Außergewöhnliche und Wunderbare thematisiert und sich vom Alltäglichen abkehrt.
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Jugendstil:
Eine antinaturalistische Stilrichtung, die Kunst und Leben verbinden möchte, indem sie alltägliche Gegenstände zu Kunst erhebt.
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Décadence / Fin de Siècle:
Auch als "Dekadenzdichtung" bekannt, überhöht die Kunst zur allein gestalt- und sinngebenden Macht des Lebens.
Vocabulary: Fin de Siècle bedeutet wörtlich "Ende des Jahrhunderts" und bezieht sich auf die Stimmung und den Kunststil am Ende des 19. Jahrhunderts.
Die Décadence zeichnet sich durch folgende Aspekte aus:
- Entstehung aus dem Bewusstsein einer überfeinerten und dem Verfall preisgegebenen Kultur
- Verfeinerung psychologischer Darstellung
- Vorliebe für schwierige Seelenzustände
- Hang zum Morbiden und Weltschmerz
- Fokus auf die menschliche Seele in ihrer Fülle und ihren Abgründen
- Gestaltung von Niedergangserscheinungen
- Bekenntnis zum Verfall als Lebensprinzip
Example: Ein typisches Werk der Neuromantik wäre Gerhart Hauptmanns "Die versunkene Glocke" 1896, das märchenhafte Elemente mit symbolistischen Zügen verbindet.
Diese vielfältigen Strömungen der Literatur der Jahrhundertwende bieten reichhaltiges Unterrichtsmaterial für die Analyse der komplexen kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen um 1900. Sie zeigen den historischen Hintergrund einer Epoche, die von Umbrüchen und neuen künstlerischen Ausdrucksformen geprägt war.