Sprachtheorien: Konstruktivismus vs. Nativismus

Stell dir vor, du lernst eine neue Sprache - aber wie funktioniert das eigentlich? Konstruktivisten sagen: Du baust dir die Sprache aktiv zusammen, indem du nachahmst, kategorisierst und abstrahierst. Gisela Szagun betont, dass Kinder aus ihrer Sprachumgebung Strukturen erkennen und eigene Regeln entwickeln.

Nativisten hingegen glauben, dass grammatische Strukturen bereits angeboren sind und sich nach einem genetischen Bauplan entfalten. Die Umwelt dient nur als Auslöser.

Gut zu wissen: Szaguns Konstruktivismus wird kritisiert, weil er biologische Faktoren vernachlässigt und zu stark auf soziale Interaktion fokussiert.

Deutsche Sprachgeschichte im Zeitraffer

Die deutsche Sprache hat eine krasse Entwicklung hinter sich! Von der ersten Lautverschiebung $1200-300 v.Chr.$ über das Mittelhochdeutsche (1050-1350) bis zur Rechtschreibreform 1998 hat sich unser Deutsch ständig gewandelt.

Besonders spannend: Im Mittelhochdeutschen prägten Dichter die Sprache und es gab viele Entlehnungen aus dem Hebräischen. Im Neuhochdeutschen (ab 1648) bildeten sich sogar Sprachgesellschaften zur "Reinigung" der deutschen Sprache.

Aktuelle Sprachentwicklung und Varietäten

Heute verändert sich Deutsch rasant weiter! Anglizismen, Kiezdeutsch und die Jugendsprache sorgen für neue grammatische Strukturen. Gleichzeitig sind traditionelle Dialekte gefährdet und das Gendersternchen wird kontrovers diskutiert.

Dialekte stammen aus westgermanischen Wurzeln und schaffen emotionale Verbindungen sowie regionale Identität. Sie können aber auch zu Diskriminierung und Kommunikationsproblemen führen.

Fachsprachen entwickeln sich aus Expertenwissen und variieren horizontal (nach Bereichen) und vertikal (nach Abstraktionsgrad). Je wissenschaftlicher, desto abstrakter wird die Sprache.

Merke dir: Sprachvarietäten haben sowohl Vor- als auch Nachteile - sie schaffen Zugehörigkeit, können aber auch ausgrenzen.

Soziolekte sind Gruppensprachen, die den Zusammenhalt stärken, aber auch Sprachbarrieren errichten können. Jugendsprache wird oft als Sprachverfall kritisiert, zeigt aber die Lebendigkeit der Sprache.

Sprache, Denken und Wirklichkeit

Wie sehr beeinflusst deine Sprache eigentlich dein Denken? Die Sapir-Whorf-Hypothese behauptet: ziemlich stark! Die schwache Version (linguistischer Relativismus) sagt, dass bestimmte Begriffe deine Aufmerksamkeit lenken - wie die vielen Inuit-Wörter für Schnee.

Konstruktivistische Ansätze gehen noch weiter: Sprache schafft Wirklichkeit! Durch Framing ("Reform" vs. "Kahlschlag") oder gendergerechte Sprache wird beeinflusst, was als "normal" gilt.

Fakt ist: Sprache, Denken und Wirklichkeit sind eng verknüpft - Sprachbewusstsein ist daher entscheidend für gesellschaftliche Debatten.

Georg Büchner und sein historischer Kontext

Georg Büchner (1813-1837) lebte in einer Zeit krasser sozialer Ungerechtigkeit. Nach dem Wiener Kongress (1815) wurden demokratische Rechte unterdrückt, die Karlsbader Beschlüsse überwachten Universitäten und schränkten die Meinungsfreiheit ein.

Büchners "Hessischer Landbote" (1834) rief mit der Parole "Friede den Hütten, Krieg den Palästen" zur Revolution auf. Er kritisierte, wie Steuergelder die Elite reicher machten, statt Hungersnöte zu bekämpfen.

Woyzeck: Opfer oder Täter?

Woyzeck ist ein komplexer Charakter zwischen Determinismus und Schuldfähigkeit. Er wird von der Gesellschaft ausgebeutet (Erbsendiät, Demütigungen), leidet unter Wahnvorstellungen und verliert durch Maries Untreue den letzten Halt.

Der gesellschaftliche Determinismus zeigt: Woyzecks Handlungen sind durch soziale und ökonomische Faktoren vorbestimmt. Er kann sich nicht gegen den stärkeren Tambourmajor wehren und steht unter körperlichem Zwang.

Materialismus prägt alle Figuren: Marie entscheidet sich wegen der Ohrringe für den Tambourmajor, der Doktor nutzt Woyzecks Armut aus. Das Anti-Märchen der Großmutter symbolisiert die Sinnlosigkeit menschlicher Existenz.

Diskussionspunkt: Ist Woyzeck wirklich schuldfähig oder nur Produkt seiner Umstände?

"Unter der Drachenwand" - Kriegstrauma im Roman

Arno Geigers Roman (2018) gehört zur Erinnerungsliteratur der Gegenwart. Der verwundete Soldat Veit Kolbe erholt sich am Mondsee und verliebt sich in die verheiratete Margot.

Der Roman zeigt verschiedene Kriegsschicksale: traumatisierte Soldaten, verfolgte Menschen wie den "Brasilianer" Robert, und das mysteriöse Schicksal der jungen Nanni. Geiger gibt den Opfern des Krieges durch seine Figuren Gesicht und Namen.

Literaturgeschichte im Überblick

Von Barock bis Gegenwartsliteratur - jede Epoche hat ihre typischen Themen und Formen:

Barock (1600-1720): Vergänglichkeit, "memento mori", "carpe diem" - strenge Formen mit umarmenden Reimen. Aufklärung (1720-1790): Rationalität, Bildung, Kritik am Absolutismus.

Romantik (1790-1835): Sehnsucht, Natur, Flucht vor der Realität - Betonung von Fantasie und Individualität. Expressionismus (1890-1920): Großstadt, Psyche, Krieg - geprägt vom Ersten Weltkrieg.

Exilliteratur (1933-1945): Warnung vor dem Nationalsozialismus, Aufrufe zum Widerstand. Gegenwartsliteratur (ab 1990): Rückgriffe auf ältere Werke, Sprachexperimente, unterschiedliche Erzählperspektiven.

Tipp: Verbinde historische Ereignisse immer mit den literarischen Strömungen - das macht Zusammenhänge klarer!

Die DDR-Literatur behandelte Schuldfragen des Zweiten Weltkriegs und sozialistischen Realismus, während sich BRD-Literatur mit Holocaust und Moral auseinandersetzte.

Gedichtsanalyse und Textanalyse - deine Anleitung

Gedichtsanalyse startet immer mit Formalia (Autor, Titel, Erscheinungsjahr) und einer Deutungshypothese. In der Sprechsituation klärst du: Wer spricht zu wem und in welcher Situation?

Äußere Form umfasst Reimschema (Paarreim: aabb, Kreuzreim: abab), Metrum (Jambus, Trochäus, Daktylus) und Strophenbau. Bei der sprachlichen Gestaltung suchst du nach rhetorischen Mitteln und Klanggestaltung.

Poetologische Konzepte sind besonders wichtig: Texte, in denen Autoren die Funktion von Dichtung hinterfragen oder kritisch betrachten.

Profi-Tipp: Beim Gedichtsvergleich strukturiert vorgehen: erst Thema und Aussage, dann Form und Sprache vergleichen.

Sachtextanalyse gliedert sich in Inhalt (Kernaussage, Sinnabschnitte), Struktur (Argumentationsaufbau), Sprache (Stilmittel, Satzbau) und Intention (Autorenziel). Immer mit Zeilenangaben belegen!

Kommunikation und politische Sprache

Das 4-Ohren-Modell zeigt: Jede Nachricht hat vier Ebenen - Sachebene, Selbstoffenbarung, Beziehungsebene und Appellbene. "Man darf hier 100 fahren" kann Information, Hilfsbereitschaft, Besserwisserei oder Aufforderung bedeuten.

Argumenttypen in politischen Texten: Faktenargumente nutzen überprüfbare Daten, Autoritätsargumente berufen sich auf Experten, Plausibilitätsargumente wirken besonders nachvollziehbar.

Soziale Medien verändern politische Kommunikation radikal: Direkte Kommunikation, hohe Reichweite, aber auch Filterblasen und Echokammer-Effekte. Algorithmen sorgen dafür, dass du hauptsächlich bestätigende Meinungen siehst.

Achtung: Fake News manipulieren bewusst die öffentliche Meinung und können Hass schüren sowie das Medienvertrauen zerstören.

Microtargeting ermöglicht personalisierte politische Werbung an spezifische Wählergruppen. Das macht Politik emotionaler und persönlicher, aber auch manipulativer.

Erörterung pragmatischer Texte - so geht's!

Vorarbeit ist das A und O: Operatoren markieren, Text unterstreichen, Argumentationsaufbau herausarbeiten. Welche Argumenttypen nutzt der Autor? Wie lenkt er durch bestimmte Wörter ("natürlich", "schrecklich") die Leser?

In der Analyse verknüpfst du Argumentationsaufbau, Sprechweise und Sprechakt im Hinblick auf ihre Wirkung. Einleitung enthält Formalia, Position und Problemzusammenhang.

Deine Erörterung startet mit Meinungsbildung: Stimmst du dem Autor zu oder nicht? Bei Zustimmung suchst du weitere unterstützende Argumente, bei Ablehnung widerlegst du die Textargumente.

Erfolgstipp: Achte auf logischen Gedankengang und verschiedene Argumenttypen für maximale Überzeugungskraft!

Beim Verfassen beachtest du die Reihenfolge deiner Argumente und deine Leserlenkung. Faktenargumente, Autoritätsargumente und Plausibilitätsargumente sollten geschickt kombiniert werden.