Literarische Einflüsse und Verweise
Für eine tiefere Analyse von "Die Leiden des jungen Werther" ist es wichtig, die literarischen Verweise zu verstehen. Die drei Hauptwerke, die Werther liest, spiegeln seine psychische Entwicklung wider und bieten Interpretationsansätze:
Homer (Die Odyssee) begleitet Werther in seiner positiven Anfangsphase. Als eines der ältesten und einflussreichsten Werke der abendländischen Literatur steht die Odyssee für harmonische Naturverbundenheit und klassische Ordnung - Werte, die Werther anfangs noch schätzt, bevor seine Leidenschaft für Lotte alles überschattet.
Ossians Gesänge werden für Werther in seiner depressiven Phase wichtig. Diese melancholischen keltischen Heldenlieder, die tatsächlich eine literarische Fälschung des Schotten James Macpherson waren, passen perfekt zu Werthers zunehmender Schwermut und Todessehnsucht. Die düsteren Schlachten und tragischen Schicksale der Helden reflektieren seine eigene Verzweiflung.
Prüfungswissen: Besonders für die Briefanalyse in der Klausur ist die Verbindung zwischen Werthers Lektüren und seinem Seelenzustand wichtig. Die Entwicklung von Homer (Harmonie) zu Ossian (Melancholie) zeigt seine psychische Abwärtsspirale!
Emilia Galotti von Lessing liest Werther kurz vor seinem Tod. Dieses bürgerliche Trauerspiel thematisiert den Konflikt zwischen adliger Willkürherrschaft und bürgerlicher Moral sowie unterschiedliche Liebesvorstellungen. Dass Emilia am Ende stirbt, um ihre Tugend zu bewahren, schafft eine Parallele zu Werthers eigener Entscheidung, durch den Tod einen Ausweg zu suchen.
Diese literarischen Bezüge verdeutlichen, wie Goethe seinen Roman in die Geistesströmungen seiner Zeit einbettete und machen "Die Leiden des jungen Werther" zu einem komplexen Unterrichtsmaterial für Interpretationen.