Die Protagonistin und ihre Fluchtgeschichte
Stell dir vor, du müsstest alles zurücklassen, was dir wichtig ist - genau das passiert der Protagonistin in Erpenbecks Roman. Sie ist die Großmutter der Schwiegertochter der Autorin und stammt ursprünglich aus Masuren in Ostpreußen.
Ihr Leben wird durch den Krieg komplett zerstört: Ihr ukrainischer Ehemann, ein Musiker, stirbt früh nach einem Unfall. Ihre Tochter verschwindet spurlos im Krieg, und sie muss 1945 mit ihren drei Enkelinnen nach Berlin fliehen. Das Einzige, was ihr von ihrer Tochter bleibt, ist ein Hochzeitsfoto.
Besonders bitter: Nach der Übernahme ihres Hofes durch Polen muss sie als Magd auf dem eigenen Besitz arbeiten. Diese Demütigung zeigt, wie radikal sich ihr Leben verändert hat. Später verbringt sie Sommeraufenthalte am See bei der Schriftstellerfamilie, nachdem ihre jüngste Enkelin den Sohn eines Schriftstellerehepaars geheiratet hat.
Wichtig zu verstehen: Selbst im eigenen Haus fühlt sie sich nicht mehr heimisch - Fremdsein wird zu ihrer Lebenskonstante. Diese Entfremdung prägt ihre gesamte Existenz nach der Flucht.
Die Symbolik in ihrem Leben ist eindeutig: Schwimmen verbindet sie mit ihrer Vergangenheit und gibt ihr Trost, während Musik ihre Erinnerungen und Identität bewahrt. Erpenbeck zeigt durch diese Figur, dass Heimat mehr als nur ein Ort ist - es ist ein Gefühl der Zugehörigkeit, das man verlieren kann.