Sachtext zum Pauperismus im 19. Jahrhundert
Der vorliegende Textauszug stammt aus einem Artikel des preußischen Kirchenjuristen und Schriftstellers Carl Friedrich Göschel mit dem Titel "Der Pauperismus und dessen Bekämpfung durch eine bessere Regelung der Arbeitsverhältnisse" aus dem Jahr 1844. Der Text beschreibt die zunehmende Armut und Arbeitslosigkeit in verschiedenen Regionen Deutschlands Mitte des 19. Jahrhunderts.
Göschel beginnt mit der Feststellung, dass in ganz Deutschland Klagen über steigende Armut und Arbeitslosigkeit laut werden. Er betont, dass es sich beim Pauperismus um ein anhaltendes und wachsendes Problem handelt, nicht um eine vorübergehende Erscheinung.
Definition: Pauperismus bezeichnet die Massenarmut im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert.
Der Autor führt konkrete Beispiele aus verschiedenen Regionen an, um die Dramatik der Situation zu verdeutlichen:
- In Usingen (Herzogtum Nassau) haben Spinnereien seit Monaten keine Arbeit mehr, was zu extremer Armut führt.
- In Kurhessen herrscht große Not, da die Wollspinnerei durch Konkurrenz aus England zusammengebrochen ist.
- In Sachsen-Meiningen und der preußischen Provinz Sachsen nehmen Bettelei und Arbeitslosigkeit zu.
Example: "Schaaren dieser halbverhungerten und spärlich in Lumpen gehüllten Männer, Weiber und Kinder sind gezwungen, um Almosen zu bitten"
Göschel betont, dass Hungersnot nicht nur durch hohe Brotpreise entsteht, sondern vor allem dann, wenn die Menschen nicht genug verdienen können, um ausreichend Brot zu kaufen. Er illustriert dies am Beispiel der Strumpfwirkerei, die so schlecht bezahlt wird, dass die Arbeiter sich davon nicht ernähren können.
Highlight: Der Text verdeutlicht die sozialen Missstände, die auch in Büchners "Woyzeck" thematisiert werden und zum historischen Hintergrund des Dramas gehören.
Diese detaillierte Schilderung der Armut und Arbeitslosigkeit in verschiedenen Regionen Deutschlands bietet einen wichtigen Kontext für die Interpretation von Büchners "Woyzeck" und die Analyse der sozialen und ökonomischen Bedingungen, unter denen die Charaktere des Dramas leben.