Die deutsche Geschichte des 19. Jahrhunderts war geprägt von tiefgreifenden politischen und gesellschaftlichen Veränderungen.
Der Deutsche Bund 1815 entstand nach dem Wiener Kongress als loser Zusammenschluss von 39 deutschen Einzelstaaten und freien Städten. Unter der Führung Österreichs sollte dieser Staatenbund die politische Stabilität in Mitteleuropa gewährleisten. Die konservative Ordnung des Bundes führte jedoch zu wachsender Unzufriedenheit in der Bevölkerung, die sich mehr Freiheit und nationale Einheit wünschte. Diese Spannungen entluden sich in der Deutschen Revolution 1848, als Bürger in verschiedenen deutschen Staaten für demokratische Rechte und ein geeintes Deutschland auf die Straße gingen. Die Revolution scheiterte jedoch am Widerstand der Fürsten und der mangelnden Einigkeit der revolutionären Bewegung.
Die Reichsgründung 1871 unter Otto von Bismarck markierte schließlich einen Wendepunkt in der deutschen Geschichte. Als preußischer Ministerpräsident verfolgte Bismarck eine Politik der kleindeutschen Lösung, die Österreich ausschloss. Durch geschickte Diplomatie und drei erfolgreiche Kriege (gegen Dänemark 1864, Österreich 1866 und Frankreich 1870/71) gelang es ihm, die deutschen Staaten unter preußischer Führung zu einen. Das neue Deutsche Reich wurde am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles ausgerufen, mit Wilhelm I. als deutschem Kaiser. Diese Reichsgründung schuf erstmals einen deutschen Nationalstaat, der jedoch von Anfang an von inneren Spannungen zwischen traditionellen und modernen Kräften geprägt war. Bismarcks Politik zielte darauf ab, die neue Ordnung durch ein komplexes System von Bündnissen nach außen abzusichern und im Inneren durch eine Mischung aus Repression und Sozialreformen zu stabilisieren.