Bismarcks Sozialistengesetz und Sozialgesetzgebung
Das späte 19. Jahrhundert war in Deutschland von sozialen Spannungen und dem Aufstieg der Arbeiterbewegung geprägt. Bismarck reagierte darauf mit einer Doppelstrategie aus Repression und Sozialreformen.
Das Sozialistengesetz wurde 1878 erlassen, um die wachsende sozialdemokratische Bewegung zu unterdrücken. Es beinhaltete folgende Maßnahmen:
- Verbot von Versammlungen und Vereinen der Sozialdemokraten
- Zensur sozialistischer Schriften und Publikationen
- Sozialdemokratische Abgeordnete durften jedoch weiterhin in den Reichstag gewählt werden
Highlight: Das Sozialistengesetz konnte die Arbeiterbewegung nicht nachhaltig schwächen, sondern führte eher zu einer Solidarisierung der Arbeiterschaft.
Parallel dazu führte Bismarck zwischen 1883 und 1889 die Sozialgesetzgebung ein, um die Arbeiter an den Staat zu binden:
- Krankenversicherung (1883): Für Arbeiter mit niedrigem Einkommen, finanziert durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber
- Unfallversicherung (1884): Absicherung bei Arbeitsunfällen, finanziert durch die Unternehmer
- Alters- und Invalidenversicherung (1889): Rentensystem für Arbeiter ab 70 Jahren nach 30 Beitragsjahren
Vocabulary: Invalidenversicherung - Eine Versicherung, die bei Erwerbsunfähigkeit aufgrund von Krankheit oder Unfall finanzielle Unterstützung bietet.
Bismarcks Ziele mit der Sozialgesetzgebung waren:
- Gewinnung von Wählerstimmen für seine Politik
- Durchsetzung seines politischen Willens
- Entpolitisierung der Arbeiterschaft und Verhinderung einer Revolution
Quote: "Mein Gedanke war, die arbeitenden Klassen zu gewinnen, oder soll ich sagen zu bestechen, den Staat als soziale Einrichtung anzusehen, die ihretwegen besteht und für ihr Wohl sorgen möchte." - Otto von Bismarck
Die Auswirkungen dieser Politik waren jedoch nicht wie von Bismarck erhofft:
- Die Arbeiterschaft durchschaute seine Absichten
- Die SPD gewann trotzdem die meisten Stimmen bei Wahlen
- Dennoch wurde Bismarcks Modell zur Grundlage des modernen deutschen Sozialstaats
Definition: Der Sozialstaat ist ein Konzept, bei dem der Staat eine aktive Rolle in der Förderung des sozialen Wohls seiner Bürger übernimmt, insbesondere durch Sozialversicherungssysteme und Wohlfahrtsprogramme.
Die Einführung der Sozialversicherungen gilt heute als eine der wichtigsten innenpolitischen Leistungen Bismarcks und hat die Geschichte der Sozialversicherung in Deutschland maßgeblich geprägt.