Analyse der zentralen Textpassage
Die zentrale Aussage in Morus' Kritik beginnt mit einer scharfen These: Die bestehenden Staaten seien nichts anderes als eine "Verschwörung der Reichen", die unter dem Deckmantel des Gemeinwohls ihre eigenen Interessen verfolgen.
Morus wählt seine Worte mit Bedacht. Der Begriff "conspiratio" (Verschwörung) impliziert eine bewusste, heimliche Absprache der Eliten gegen den Rest der Gesellschaft. Die Formulierung "im Namen der Republik" verdeutlicht die Heuchelei – es wird vorgegeben, für das Allgemeinwohl zu handeln, während in Wahrheit nur die Eigeninteressen zählen.
Besonders bemerkenswert ist die Aussage, dass die Reichen "alle möglichen Arten und Künste ersinnen", um ihren Reichtum zu bewahren und "mit minimalem Aufwand die Arbeiten aller Armen anzueignen und sie auszubeuten". Diese systematische Ausbeutung wird anschließend durch Gesetze legitimiert, die die Reichen selbst erlassen.
Morus kontrastiert diese ungerechte Ordnung mit seiner Utopia, wo das Geld abgeschafft wurde. Er führt eine beeindruckende Liste gesellschaftlicher Übel an – "Betrug, Diebstahl, Raubzüge, Streitigkeiten, Aufstände, Mord, Verrat" –, die seiner Meinung nach direkte Folgen des Geldsystems sind und mit dessen Abschaffung verschwinden würden.
Die rhetorische Frage "Wer weiß nicht..." verstärkt seine Argumentation, indem sie suggeriert, dass diese Zusammenhänge offensichtlich seien. Morus will damit die Leser zum Nachdenken über die scheinbar selbstverständlichen wirtschaftlichen Strukturen anregen.