Die Stoische Philosophie und das Menschenbild der Antike
Die stoische Philosophie betrachtet den Menschen als animale rationale - ein Vernunftwesen, das in der Hierarchie des Lebens nur den Göttern untergeordnet ist. Diese besondere Stellung verdankt der Mensch seiner ratio (Vernunft), die ihn von allen anderen Lebewesen unterscheidet. Die ratio gilt als höchstes Gut (bonum) und als das wesentliche Merkmal des Menschseins, das seinen Ursprung im göttlichen Willen hat.
Definition: Die ratio ist die Vernunft als höchstes Gut und Steuerungsinstanz des menschlichen Handelns, die den Menschen von anderen Lebewesen unterscheidet.
Nach stoischer Lehre besteht die zentrale Lebensaufgabe des Menschen darin, "secundum naturam vivere" - also gemäß der eigenen Natur zu leben. Die natura wird dabei mit deus (Gott) gleichgesetzt und als allmächtiges, alles bestimmendes Prinzip verstanden. Dieser Pantheismus sieht Gott in allen Dingen präsent. Ein Leben nach der Natur bedeutet demnach, in Übereinstimmung mit der Vernunft zu leben und die unvernünftigen Aspekte des menschlichen Wesens zu kontrollieren.
Die Stoiker lehren, dass der Mensch Triebe, Affekte und Gefühle wie cupiditas (Lust), dolor (Schmerz), metus (Furcht) und voluptas (Begierde) beherrschen muss, da diese die Vernunft einschränken. Das Ideal ist die Apatheia - die Freiheit von Affekten. Der Mensch soll als aequus animus (ausgeglichener Geist) leidenschaftslos sein.
Highlight: Die vier Kardinaltugenden der Stoa:
- Iustitia (Gerechtigkeit)
- Temperantia (Selbstbeherrschung)
- Fortitudo (Tapferkeit)
- Prudentia (Klugheit)