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9.4.2022
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Heitmeyer Grundannahmen Heitmeyer geht davon aus, dass das zentrale Problem der heutigen Gesellschaft, die Individualisierung ist. Individualiserung bedeutet die Zunahme von Entscheidungsfreiheiten und gleichzeitig Entscheidungszwängen. Diese Schattenseite von der Individualisierung bezeichnet Heitmeyer als Desintegrationspotenziale. Die darausentstehende Verunsicherungen können dann im schlimmsten Fall zu Gewalt führen, die man noch einmal in Formen unterteilen kann. 4 -> Der Jugendliche löst sich in der Adoleszenz aus alten Fixierungen und muss eine eigene Identität aufbauen -> Ziele: Platzierung & Präsentation zwecks Aufstieges, Sicherung & Erwerb von Statuspositionen -> Kampf um Anerkennung & Akzeptanz -> erfordert eigenständige Lebensplanungskonzepte (aus biografischen, aktuellen, zukünftigen Erfahrungen, Entstehung & Chancen ihrer Realisierung stark an die jeweiligen Milieus gebunden) -> Ein eigenes „Selbst" entwerfen, was aufgrund der Pluralisierung von Lebensstilen immer schwieriger wird -> Vorgehensweisen bei der Realisierung: -> Durch wachsende Entscheidungsfreiheiten ergeben sich jedoch auch mehr Entscheidungszwänge, die bewältigt werden müssen - Gewaltpotenziale -> Ambivalenz/ Unsicherheit/Verunsicherung (Erfahrungen), Desintegrationspotenziale -> wichtige Aspekte: -> Gewaltbilligung & Gewaltbereitschaft werden in der individuellen Sozialisation erlernt -> in bestimmten Interaktionskontexten schlagen diese in Gewalttätigkeit um -> für den Gewalttäter hat sein Handeln einen subjektiven Sinn (konstruiert sich eine Legitimation für sein Handeln) Desintegrationspotenziale Wenn die Ambivalenz das Individuum zu sehr bedrückt, kommt es zur Desintegration, der Schattenseite der Individualisierung. Es gibt drei verschiedene Desintegrationspotenziale: Instabilität der Familie, Auflösung der Werte und Normen und die mangelnde Teilnahme an gesellschaftlichen Institutionen. -> Schattenseiten...
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der Individualisierung -> Konkrete Erfahrungen -> Jugendliche finden kaum gesellschaftlichen Anschluss & kaum Möglichkeiten der Unterstützung - Desintegrationserfahrungen/ -potenziale: 1. Auflösung oder Gefährdung von sozialen Beziehungen/Vergemeinschaftsformen: -> Rapide Veränderung in Familienkonstellationen -> Emotionale Desintegration -> Fehlende Anerkennung -> Geschwisterloses Aufwachsen -> Inkonsistentes Verhalten -> Veränderung im Lebensrhythmus 2. Auflösung oder Gefährdung über gemeinsame soziale Werte- und Normvorstellungen: -> Ergebnis: allgemeine Verunsicherung durch Wertepluralisierung 3. Abnehmende gesellschaftliche Teilhabe: -> Freizeitangebote, ehrenamtliche Arbeit, Sportvereine Verunsicherung Verunsicherung tritt auf, wenn das Individuum z.B. nicht mehr weiter weiß und eine Unlösbarkeit verspürt, wenn eine Unberechenkeit von zukünftigen Ereignissen wahrgenommen wird, wenn eine Unklarheit über den eigegen Status existiert, wenn es Diskrepanzen zwischen Selbstwert und Erwartungen gibt, wenn es keinerlei stimmige Erklärungen für Verletzungen oder Ausgrenzungen gibt oder wenn Versagen wahrgenommen wird als Ausdruck nicht erreichter Ziele. Davon lassen sich zwei Formen der Verunsicherung ableiten: 1. die stimulierende Verunsicherung (aktiver, konstruktiver Umgang) 2. die paralysierende Verunsicherung (lähmend) 3. überwältigende Verunsicherung (Gewalt) Wann tritt Verunsicherung auf? -> Unlösbarkeit -> Unberechenbarkeit bei zukünftigen Ereignissen & Anforderungen o Diskrepanzen zwischen Selbstwert & Erwartungen -> zwischen Inkonsistenz zwischen Erwartungen, dem tatsächlichen Status & dem Verhalten der Bezugsperson -> Unerklärbarkeit, z. B. für Ausgrenzung -> Versagen Faktoren - Beeinflussung des Ausmaßes der Verunsicherung: -> Zusammenwirken zwischen inneren und äußeren Faktoren, d.h. wie der Jugendliche es schafft, die Verunsicherungen verarbeiten, beeinflusst natürlich die Art und den Umfang der Verunsicherung Förderung der Verunsicherung: -> Konformitätsdruck (Unterdrückung der Individualität) o Fehlende Unterstützung der Familie -> Ambivalenzen -> Materieller Besitz Verhinderung der Verunsicherung: -> Gutes Familien- und Freundesklima -> Aufmerksamkeit, Hilfestellung, Zuneigung, Verlässlichkeit o Rückgriff auf Erfahrungswissen -> Hilfe bei der Jobsuche -> Angebote für Freizeit erhöhen -> Desintegrationserfahrungen ersparen & zu Anerkennung verhelfen -> Verbesserung der Bildungschancen für Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern -> weniger schulische Misserfolge → höheres Selbstwertgefühl → verbesserte Chancen auf ökonomische und soziale Teilhabe durch bessere Berufsaussichten -> vielseitige Bildung & außerschulische Vereine Ursachen für Gewalt -> Gewalt entsteht dann, wenn Desintegrationserfahrungen mit anderen Faktoren vermittelt werden, z. B. das Gefühl der Nicht-Anerkennung, der Orientierungslosigkeit, der Machtlosigkeit, der Benachteiligung etc. -> hohes Maß von Integration auf einer Ebene kann Desintegrationserfahrungen auf anderen Ebenen kompensieren, eine Kopplung von Desintegrationserfahrungen auf mehreren Ebenen verstärkt Wahrscheinlichkeit dysfunktionaler Problemverarbeitung -> Zunahme von Desintegrations- und Verunsicherungspotenzialen -> Machtlosigkeit & Orientierungslosigkeit + Desintegration => Anerkennungsdefizite => Abwertung -> Gewalterfahrungen -> Gewalt als Lösung von Problemen Individualisierung schwächt das Sozailverhalten -> Die Folgen des eigenen Handelns für andere werden nicht mehr berücksichtigt -> Gewaltschwellen sinken und Gewalt als Problemlösung steigt Vier Formen der Gewalt Nach Heitmeyer ist Aggression der Versuch der Kompensation sozialer Desintegration und persönlicher Perspektivlosigkeit. Es gibt 4 Formen: 1. expressive Gewalt (Ziel: Aufmerksamkeit und Anerkennung) -> zur Selbstreflexion des Ichs, Einzigartigkeit, Langeweile -> Gegen ein beliebiges Opfer, um Aufmerksamkeit zu erlangen 2. regressive Gewalt (Ziel: Problemlösung) -> zur ethnischen Überlegenheit -> gegen nationale, ethnische Kategorien, um Desintegrationspotenziale aufzulösen -> Zielt auf Abgrenzung, Ausgrenzung von Gruppen 3. instrumentelle Gewalt (politische Motive, Gewalt gegen Minderheiten, meistens Nazis) -> zur Realisierung des geforderten Selbstdurchsetzen, als Mittel für Problemlösungen -> Gegen ein gezieltes Opfer mit geplanten Folgen, zur Problemlösung genutzt -> Sicherung von Positionen, wenn Durchsetzungschancen sinken -> zielt auf Vorteile Einzelner 4. autoaggressive Gewalt (Gewalt gegen sich selbst und als letztes Mittel) -> Zur Wahrnehmung durch andere -> Wenn es keinen anderes Ausweg gibt -> Aggressive Handlung gegen sich selbst -> Zielt auf Zerstörung der eigenen Unversehrtheit Grenzen/Kritik -> gesellschaftliche Paradoxien -> Solidarität in der Erziehung kann nicht verhindern, dass man Kinder auf Konkurrenz vorbereiten muss -> Anerkennung durch Bewältigung verschiedener Anforderungen -> es gibt zu viele Einflüsse für Jugendliche, dass es schwierig ist, diese zu kontrollieren -> singuläre Maßnahmen (Bsp. Streitschlichter) können die Problematik der Jugendgewalt nicht bewältigen -> es wird nie problematisiert inwifern partizipation angemessen ist -> gesellschaftliche Ungleichheit -> Erziehung und Bildung zur Mündigkeit/Verantwortung vs. Gesellschaftliche Erwartungen Pro -> zeigt, dass pädagogisches Handeln gesellschaftlichen Paradoxien nicht ausweichen kann -> zeigt, dass alle Kinder bedingungslos als gleichwertig angesehen werden müssen -> zeigt, dass gesellschaftliche Ungleichheit immer wieder neu problematisiert werden muss Contra -> Unsicherheitsfaktoren sind in wesentlichen Umbruchsphasen des Lebens (z.B. dem Eintritt in das Schulalter, den Übergang ins Berufsleben, Heirat, Kinder) auszumachen -> Mensch lernt im Laufe seines Lebens diese Desintegrationserfahrungen zu kompensieren -> Menschen verfügen über eine unterschiedliche Vulnerabilität, mit Krisen fertig zu werden -> individuellen Verarbeitungsmuster bleiben bei Heitmeyer unberücksichtigt -> beschäftigt sich in seiner Analyse nicht mit der Gruppe der sozial gut eingebundenen, gesellschaftlich abgesicherten Jugendlichen -> Blickwinkel richtet sich bei ihm allein auf marginalisierte Jugendliche, die von Deprivationserfahrungen besonders betroffen sind Ambivalenz: Zwiespalt zwischen Entscheidungszwang und Entscheidungsfreiheit Mehr Entscheidungsspielräume (Freiraum) Individualisierung -> Kennzeichen moderner gesellschaftlicher Entwicklung Pluralisierung, gestiegene Mobilität + Bindungsexpansion ← Ambivalenz <- Anerkennungsdefizite Kompensieren Aufwertung von sich selbst + Abwertung anderer Kernfunktion: Anerkennung/ Macht fördert Desintegrationspotenziale -> Verlust von traditioneller Lebenszusammenhänge -> Auflösung gesicherter Werte und Normen -> Abnehmende Teilnahme an gesellschaftlichen Institutionen führt zu Verunsicherung Gewalt paralysierend -> stimulierend Mehr Entscheidungszwänge -> mögliche Form der Verarbeitung von Verunsicherung