Nachkriegsliteratur in Deutschland (1945-ca. 1960)
Die Nachkriegsliteratur in Deutschland war stark von den Folgen des Zweiten Weltkriegs und den damit verbundenen gesellschaftlichen Umwälzungen geprägt. Nach dem Ende des Krieges 1945 stand Deutschland vor der Herausforderung, sich mit seiner Schuld auseinanderzusetzen und einen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Neuanfang zu finden.
Highlight: Das in Trümmern liegende, in Besatzungszonen aufgeteilte Deutschland stand vor der Aufgabe, in Auseinandersetzung mit der Schuld an Krieg und Völkermord einen politisch-gesellschaftlich-kulturellen Neuanfang zu finden.
Der Kalte Krieg und die Teilung Deutschlands in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) im Jahr 1949 hatten einen erheblichen Einfluss auf die literarische Entwicklung. In Westdeutschland führte das sogenannte Wirtschaftswunder zu einer raschen Verbesserung der Lebensbedingungen, was sich auch in der Literatur widerspiegelte.
Vocabulary: Trümmerliteratur - Eine literarische Strömung der unmittelbaren Nachkriegszeit, die sich mit den Erfahrungen des Krieges und der Zerstörung auseinandersetzte.
In der Literatur der Nachkriegszeit dominierten zunächst die Autoren der "inneren Emigration", während die aus dem Exil zurückkehrenden Schriftsteller anfangs wenig Beachtung fanden. Eine Ausnahme bildete Thomas Mann, dessen Werk in den 1950er Jahren zum festen Bestandteil des Literaturkanons wurde.
Example: Thomas Mann erhielt den Literaturnobelpreis für seinen Roman "Buddenbrooks" und verließ Deutschland 1933 aufgrund der nationalsozialistischen Machtergreifung.
Die bevorzugte literarische Form der Nachkriegsautoren war die Kurzgeschichte, die sich an der amerikanischen Short Story orientierte. Sie wurde zum charakteristischen Merkmal der Trümmerliteratur oder "Kahlschlagliteratur".
In der Lyrik war Gottfried Benn tonangebend, der sich vom Politischen abwandte und das "absolute Gedicht" propagierte. Die konkrete Poesie, die mit dem sprachlichen Material experimentierte, gewann ab den frühen 1950er Jahren an Bedeutung.
Definition: Konkrete Poesie ist eine Strömung der Lyrik, bei der die visuelle und akustische Gestaltung des Textes eine zentrale Rolle spielt.
Die kritische Auseinandersetzung mit der politisch-sozialen Entwicklung in der Bundesrepublik und die Aufarbeitung des Nationalsozialismus begannen im Wesentlichen erst Ende der 1950er Jahre. Herausragende Beispiele hierfür waren die Werke von Hans Magnus Enzensberger und Günter Grass.
Quote: "Die Blechtrommel" von Günter Grass, erschienen 1959, gilt als eines der wichtigsten Werke der Nachkriegsliteratur.
Eine bedeutende Rolle im literarischen Leben der Bundesrepublik spielte die Gruppe 47, ein informeller Zusammenschluss von Autoren und Literaturkritikern, der sich jährlich zu Lesungen und Diskussionen traf.
Die Nachkriegsliteratur in Deutschland war somit geprägt von der Suche nach neuen Ausdrucksformen, der Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit und dem Versuch, eine neue literarische Identität zu finden. Sie spiegelte die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche der Zeit wider und legte den Grundstein für die weitere Entwicklung der deutschen Literatur in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.