Szenenanalyse: Ills Fluchtversuch in "Der Besuch der alten Dame"
Die vorliegende Szene aus Friedrich Dürrenmatts Drama "Der Besuch der alten Dame" bildet den Schluss des zweiten Aktes und markiert einen entscheidenden Wendepunkt in der Handlung. Sie fokussiert sich auf Ills gescheiterten Fluchtversuch und seine schmerzhafte Erkenntnis, dass eine Flucht zwecklos geworden ist.
Highlight: Diese Szene ist von zentraler Bedeutung, da sie den Wendepunkt des Dramas darstellt und Ills zunehmende Isolation verdeutlicht.
Zu Beginn der Szene bemerkt Ill, dass die Güllener plötzlich teure Waren kaufen und Schulden machen. Dies lässt ihn an der Loyalität seiner Mitbürger zweifeln. In seiner Verzweiflung wendet er sich an den Polizisten und verlangt die Verhaftung von Claire Zachanassian. Als er sich von den Güllenern bedroht fühlt, beschließt er zu fliehen.
Beispiel: Ills Versuch, Claire verhaften zu lassen, zeigt seine wachsende Verzweiflung und das schwindende Vertrauen in seine Mitmenschen.
Auf dem Weg zum Bahnhof wird Ill von immer mehr Güllenern begleitet, die sich als "alte Freunde" (S.82 Z.24f.) bezeichnen. Die zunehmende Bedrohung und Isolation Ills werden durch verschiedene dramaturgische Mittel verdeutlicht:
-
Ills ängstliches Verhalten: Er wird beschrieben als "wie ein gehetztes Tier" (S.81 Z.25), was seine Hilflosigkeit unterstreicht.
-
Die Güllener als lebendige Mauer: Sie umringen Ill und bleiben regungslos, einige mit den Händen in den Hosentaschen (S.83 Z.31f.).
-
Chorisches Sprechen: Die Güllener sprechen oft im Chor (vgl. S.82 Z.3-5), was ihre Geschlossenheit gegen Ill betont.
Vocabulary: Chorisches Sprechen - Eine Technik, bei der mehrere Personen gleichzeitig dieselben Worte sprechen, um Einheit oder Gruppendynamik zu verdeutlichen.
Besonders auffällig ist der Kontrast zwischen Ills ehrlichen Äußerungen und der ironischen Sprechweise der Güllener. Während Ill offen seine Gedanken ausspricht, stehen die Worte der Güllener im Widerspruch zu ihren Handlungen.
Quote: "III fühlt sich durch die Güllener bedroht und will fliehen." Diese Aussage fasst die Kernproblematik der Szene prägnant zusammen.
Die Szenenanalyse des Besuchs der alten Dame in diesem Abschnitt zeigt deutlich, wie Dürrenmatt die zunehmende Isolation und Bedrohung des Protagonisten durch sprachliche und szenische Mittel darstellt. Die Szene bildet einen wichtigen Baustein für die Zusammenfassung des 2. Aktes und verdeutlicht die sich zuspitzende Situation in Güllen.