E.T.A. Hoffmanns "Der Sandmann" ist eine komplexe Erzählung über Wahnsinn, Realität und psychologische Abgründe.
Die Geschichte dreht sich um den Studenten Nathanael, der von traumatischen Kindheitserinnerungen an den mysteriösen Sandmann heimgesucht wird. In seiner Jugend verband er die Figur des Sandmanns mit dem unheimlichen Advokaten Coppelius, der regelmäßig seinen Vater besuchte. Nach dem mysteriösen Tod seines Vaters während eines Experiments mit Coppelius wird Nathanael von diesen Erinnerungen verfolgt. Als Student begegnet er dem Wetterglashändler Coppola, den er für Coppelius hält. Diese Begegnung löst eine Reihe verstörender Ereignisse aus, die Nathanaels geistige Stabilität zunehmend in Frage stellen.
Die Interpretation der Erzählung konzentriert sich auf mehrere Hauptthemen: Die Unterscheidung zwischen Realität und Wahnsinn, die Rolle der Automatisierung und künstlichen Menschen (verkörpert durch die Puppe Olimpia), sowie die psychologische Entwicklung des Protagonisten. Die Gesellschaftskritik zeigt sich in der Darstellung der aufkommenden Industrialisierung und deren Auswirkungen auf die menschliche Psyche. Besonders die Figurenkonstellation zwischen Nathanael, seiner Verlobten Clara und der künstlichen Olimpia verdeutlicht den Konflikt zwischen rationaler Weltanschauung und romantischer Schwärmerei. Die wichtigen Textstellen beinhalten vor allem die Briefe am Anfang der Erzählung, die Begegnungen mit Coppola/Coppelius und die finale Szene auf dem Turm, die Nathanaels tragisches Ende einleitet. Die Geschichte gilt als Schlüsselwerk der deutschen Romantik und thematisiert zeitlose Fragen nach der Natur der Realität und den Grenzen des menschlichen Verstandes.