Zweiter Teil: Nathanaels Verlobung und die Begegnung mit Olimpia
Der zweite Teil der Zusammenfassung von E.T.A. Hoffmanns "Der Sandmann" vertieft die Charakterentwicklung Nathanaels und führt neue Elemente ein, die für den weiteren Verlauf der Geschichte entscheidend sind.
Die Vorgeschichte wird nachgeholt: Nathanael hat zwei Adoptivgeschwister, Lothar und Clara, die von seiner Mutter adoptiert wurden. Vor seinem Studienbeginn verlobt er sich mit Clara. Bei seiner Rückkehr erscheint er jedoch verändert, geplagt von düsteren Vorstellungen über finstere Mächte, die sein Leben beeinflussen.
Highlight: Die Veränderung in Nathanaels Charakter nach seiner Rückkehr ist ein wichtiger Wendepunkt in der Erzählung.
Clara, als Gegenpol zu Nathanaels Ängsten, vertritt die Ansicht, dass das "böse Prinzip" in Nathanael nur deshalb wirken kann, weil er sich ihm nicht widersetzt. Diese Auseinandersetzung zwischen rationaler und irrationaler Weltsicht wird zu einem wiederkehrenden Motiv.
Quote: "Clara ist der Überzeugung, dass dieses böse Prinzip bei ihm nur möglich ist, weil er sich diesem nicht zu wehr setzt und sich ihm ausliefert."
Ein Höhepunkt dieser Konfrontation wird erreicht, als Nathanael ein Gedicht vorträgt, das die Zerstörung der Liebe durch Coppelius thematisiert. Claras Aufforderung, das Gedicht zu verbrennen, führt zu einem heftigen Streit, der beinahe in einem Duell zwischen Nathanael und Lothar endet.
Nach einem Zimmerbrand bezieht Nathanael eine neue Unterkunft gegenüber von Professor Spalanzanis Haus. Hier begegnet er erneut Coppola, der ihm Brillen und ein Perspektiv verkauft. Durch dieses Perspektiv betrachtet Nathanael die Tochter des Professors, Olimpia, und entwickelt eine zunehmende Faszination für sie.
Vocabulary: Perspektiv - Ein optisches Instrument zur Vergrößerung entfernter Objekte, ähnlich einem Fernglas.
Auf einem Fest, bei dem Olimpia in die Gesellschaft eingeführt wird, tanzt Nathanael mit ihr und ist von ihrem Taktgefühl begeistert. Seine wachsende Liebe zu Olimpia lässt ihn ihre offensichtlichen Mängel – wie ihre schrillen Stimme und steifen Bewegungen – übersehen.
Example: Nathanaels Verblendung zeigt sich darin, dass er Olimpias einsilbiges Sprechen und mechanische Bewegungen als Zeichen einer reichen Innenwelt interpretiert, während andere Festgäste sie als stumpfsinnig wahrnehmen.
Die Erzählung erreicht ihren dramatischen Höhepunkt, als Nathanael Zeuge eines Streits zwischen Coppola und Spalanzani wird, bei dem Olimpia als Holzpuppe entlarvt wird. Diese Enthüllung stellt einen Schock für Nathanael dar und führt zu einer weiteren Verschlechterung seines psychischen Zustands.
Definition: Wahnvorstellung - Eine falsche Überzeugung, die trotz gegenteiliger Beweise aufrechterhalten wird und oft ein Symptom psychischer Erkrankungen ist.
Diese Entwicklungen in "Der Sandmann" verdeutlichen die zentralen Themen der Erzählung: die Grenze zwischen Realität und Illusion, die Macht des Unbewussten und die Fragilität der menschlichen Psyche. Die Gesellschaftskritik Hoffmanns zeigt sich in der Darstellung der oberflächlichen Gesellschaft, die Olimpias Künstlichkeit nicht erkennt, sowie in der Problematisierung des romantischen Ideals durch Nathanaels wahnhafte Liebe zu einer Puppe.
Die Charakterisierung Nathanaels als sensibler, von seinen Gefühlen getriebener Mensch wird durch seine Reaktionen auf Olimpia weiter vertieft. Seine Unfähigkeit, Realität von Fantasie zu unterscheiden, wirft die Frage auf: Welche psychische Krankheit hat Nathanael? Obwohl eine genaue Diagnose aus heutiger Sicht schwierig ist, zeigt er Symptome einer Wahnstörung oder Schizophrenie.
Das Augenmotiv, symbolisiert durch das Perspektiv und Olimpias künstliche Augen, spielt eine zentrale Rolle in der Erzählung und unterstreicht die Thematik der verzerrten Wahrnehmung.
Die Frage "Hat Coppelius Nathanael misshandelt?" wird im Text bejaht und bildet die Grundlage für Nathanaels Trauma. Die Art, wie Nathanael den Sandmann beschreibt, als bedrohliche, unheimliche Figur, die Kindern die Augen stehlen will, zeigt die tiefe Verwurzelung seiner Ängste.
Nathanaels zunehmender Wahnsinn, der sich in seiner Besessenheit von Olimpia manifestiert, beantwortet die Frage "Warum ist Nathanael wahnsinnig?". Es ist die Kombination aus Kindheitstrauma, der Unfähigkeit, Realität und Fantasie zu trennen, und der Konfrontation mit seinen tiefsten Ängsten, die ihn schließlich in den Wahnsinn treiben.