Die Geschichte des jungen Franz Huchel steht im Mittelpunkt von Robert Seethalers Roman "Der Trafikant", der die dramatischen politischen Ereignisse Österreichs 1938 kunstvoll mit einer Coming-of-Age-Geschichte verwebt.
Der 17-jährige Franz verlässt sein Heimatdorf am Attersee und beginnt eine Lehre in einer Wiener Trafik (Tabakgeschäft). Dort begegnet er nicht nur dem berühmten Psychoanalytiker Sigmund Freud, sondern erlebt auch hautnah den "Anschluss" Österreichs an Nazi-Deutschland mit. Die Erzählhaltung ist dabei besonders bemerkenswert - wie auch Manfred Papst in seiner Einschätzung hervorhebt, gelingt es Seethaler durch einen auktorialen Erzähler, die historischen Ereignisse aus der naiven Perspektive des Protagonisten zu schildern, ohne dabei an Tiefgang zu verlieren.
Seethaler nutzt verschiedene literarische Mittel, um die zunehmend bedrohliche Atmosphäre im Wien des Jahres 1938 einzufangen. Besonders die Traumsequenzen Franz' spielen dabei eine wichtige Rolle - sie spiegeln seine innere Entwicklung wider und nehmen teilweise die kommenden Ereignisse vorweg. Die Gespräche zwischen Franz und Freud über Träume, Liebe und das Leben im Allgemeinen bilden einen wichtigen Gegenpol zur sich verdüsternden politischen Lage. Durch die geschickte Verflechtung von persönlicher Geschichte und historischen Ereignissen gelingt es dem Roman, die Auswirkungen der Machtergreifung der Nationalsozialisten auf das Leben einzelner Menschen greifbar zu machen. Die Sprache ist dabei klar und zugänglich, ohne an literarischer Qualität einzubüßen - ein Merkmal, das besonders junge Leser ansprechen dürfte.