Seite 1: Aufbau und Struktur der Marquise von O...
Die erste Seite bietet einen detaillierten Überblick über den Aufbau und die Erzählweise von Heinrich von Kleists "Die Marquise von O...". Die Novelle folgt einer durchgehenden Erzählung ohne Kapitelunterteilungen, strukturiert sich aber nach zeitlichen und dramaturgischen Kriterien.
Der Einstieg erfolgt mit einer Zeitungsanzeige, die als Ausgangspunkt und "Aufhänger" der Geschichte dient. Darauf folgt eine lange Rückblende, die die Vorgeschichte der Anzeige schildert – von der Erstürmung der Zitadelle durch die Russen bis zur Verstoßung der Marquise durch ihre Eltern.
Highlight: Der berühmteste Gedankenstrich der Literaturgeschichte steht an der Stelle, an der die Marquise vergewaltigt wird.
Die innere Struktur der Novelle ähnelt der eines klassischen Dramas:
- Exposition: Vorstellung der Protagonistin und des konfliktauslösenden Moments
- Steigerung: Schwangerschaftsanzeichen und Drängen des Grafen F auf eine Vermählung
- Höhepunkt: Verstoßung der Tochter durch die Eltern
- Fallende Handlung: Isolation der Marquise auf ihrem Landsitz
- Lösung: Erscheinen des Grafen und Aufklärung der Vaterschaft
Die Erzählweise ist durch einen auktorialen Erzähler gekennzeichnet, der seine Allwissenheit jedoch nicht immer mit dem Leser teilt. Charakteristisch sind:
- Abkürzungen von Personen- und Ortsnamen
- Souveräne Zeitsprünge
- Selektive Einblicke in das Innenleben der Figuren
- Auslassung der entscheidenden Tat (Vergewaltigung)
- Vorherrschend sachlicher Erzählton mit gelegentlichen Bewertungen
Vocabulary: Auktorialer Erzähler - Ein allwissender Erzähler, der die Handlung aus einer übergeordneten Perspektive schildert.
Die Darstellungsformen umfassen häufig indirekte Rede, an dramatischen Stellen auch direkte Rede, und verzichten auf inneren Monolog und erlebte Rede.