Zeitgeschichtliche Einordnung und geistige Tendenzen
Der Expressionismus 1910−1920 entstand zwischen Naturalismus und Neuer Sachlichkeit in einer Zeit dramatischer Veränderungen. Die zunehmende Verstädterung, Industrialisierung und der herannahende Erste Weltkrieg führten zu einem apokalyptischen Zeitempfinden. Besonders die jüngere Generation empfand Überdruss an den Wertvorstellungen ihrer Väter.
Die expressionistische Bewegung war eine kulturrevolutionäre Strömung, die alle Kunstformen umfasste. Geistig wurzelt sie in Nietzsches Philosophie, dem Darwinismus und Freuds Psychoanalyse. Die Expressionisten rebellierten gegen traditionelle Formen und gesellschaftliche Normen, indem sie radikale Subjektivität und experimentelle Ausdrucksformen entwickelten.
In der expressionistischen Literatur finden sich verschiedene Formen wie die Lyrik der Simultaneität, das Stationendrama oder Verkündigungsdramen. Bekannte Autoren dieser Epoche sind Jakob van Hoddis, Georg Trakl, Gottfried Benn und Alfred Döblin. Ihre Werke spiegeln das Krisenbewusstsein und die Zerrissenheit ihrer Zeit wider.
Wichtig zu wissen: Was den Expressionismus in der Literatur besonders beeinflusst hat, waren die Erfahrungen der Entfremdung und Entmenschlichung in der industrialisierten Welt. Die Expressionisten reagierten darauf mit dem leidenschaftlichen Ruf nach einer neuen Humanität – dem berühmten "O-Mensch-Pathos".