Die soziale Dimension des Dramas und die Frage der Schuld
Glück betont die Bedeutung der sozialen Dimension in Büchners "Woyzeck". Er argumentiert, dass die einseitige Betonung von Woyzecks Schuld und Verantwortlichkeit dazu führt, die Schuld der anderen Figuren und des gesamten Systems zu vernachlässigen.
Highlight: Die Betonung von Woyzecks Schuld kann unbeabsichtigt zu einem Freispruch für die "Jäger" (Hauptmann, Doktor) und das dahinterstehende System führen.
Der Autor kritisiert, dass in vielen Interpretationen:
- Die Schuld des Hauptmanns und des Doktors nur oberflächlich behandelt wird
- Das System, dessen Organe der Hauptmann und der Doktor sind, völlig im Dunkeln bleibt
- Die soziale Tragödie dadurch ausgelöscht und getilgt wird
Vocabulary: Pauper - Ein verarmter, mittelloser Mensch, der auf öffentliche Unterstützung angewiesen ist.
Glück weist darauf hin, dass in solchen Interpretationen der Begriff der "Freiheit" ausschließlich als Kategorie des Strafrechts auftaucht, was dem komplexen sozialen und psychologischen Kontext des Dramas nicht gerecht wird.
Example: Die Szenen mit dem Hauptmann und dem Doktor zeigen, wie Woyzeck als Versuchsobjekt und Diener ausgenutzt wird, was seine psychische Zerrüttung verstärkt.
Abschließend plädiert Glück für eine Interpretation von "Woyzeck", die die sozialen Umstände, die psychische Verfassung des Protagonisten und die Verantwortung des Systems stärker in den Blick nimmt. Nur so könne man der Komplexität und dem innovativen Charakter von Büchners sozialem Drama gerecht werden.