Der Naturalismus: Eine literarische Revolution der Industrialisierung
Der Naturalismus prägte die deutsche Literatur von 1880 bis 1900 maßgeblich und entwickelte sich als direkte Reaktion auf die dramatischen gesellschaftlichen Veränderungen der Industrialisierung. Diese literarische Epoche zeichnete sich durch ihre schonungslos realistische Darstellung der sozialen Missstände aus, die besonders in den überfüllten Arbeitervierteln der rasch wachsenden Industriestädte zu beobachten waren.
Definition: Der Naturalismus versteht sich als literarische Bewegung, die eine wissenschaftlich exakte Abbildung der Wirklichkeit anstrebt und dabei auch vor der Darstellung des Hässlichen und Elends nicht zurückschreckt.
Die naturalistischen Autoren, allen voran Gerhart Hauptmann, Johannes Schlaf und Arno Holz, entwickelten eine völlig neue Herangehensweise an die Literatur. Sie verstanden ihre Arbeit als wissenschaftliche Dokumentation der Realität und orientierten sich dabei an der Milieutheorie, die den Menschen als Produkt seiner Gene und seiner sozialen Umgebung betrachtet. Der charakteristische "Sekundenstil" versuchte, jeden noch so kleinen Moment der Wirklichkeit präzise einzufangen.
Die bevorzugten Themen der Naturalisten waren die sozialen Probleme der unteren Gesellschaftsschichten: Armut, Alkoholismus, zerrüttete Familienverhältnisse und die Doppelmoral der Gesellschaft. Besonders das Drama erwies sich als geeignete Gattung für diese Darstellungen, während die Lyrik eine untergeordnete Rolle spielte. Die Autoren verwendeten dabei häufig kurze epische Textformen, um ihre Beobachtungen möglichst unmittelbar wiederzugeben.
Highlight: Die wichtigsten Merkmale des Naturalismus sind:
- Wissenschaftliche Genauigkeit in der Darstellung
- Fokus auf soziale Probleme und Arbeitermilieus
- Verwendung von Dialekt und Umgangssprache
- Detaillierte Beschreibung auch unangenehmer Realitäten