Die Ringparabel steht im Zentrum von Lessings Drama "Nathan der Weise" und vermittelt eine zeitlose Botschaft über religiöse Toleranz und Humanität.
In Nathan der Weise 3. Aufzug 6. Auftritt entwickelt sich ein philosophischer Dialog zwischen Nathan und Saladin über die wahre Religion. Die berühmte Ringparabel erzählt von einem kostbaren Ring, der in einer Familie von Generation zu Generation weitergegeben wird und seinem Träger die Kraft verleiht, "vor Gott und Menschen angenehm" zu sein. Als ein Vater seinen drei gleich geliebten Söhnen den Ring vererben möchte, lässt er zwei täuschend echte Kopien anfertigen. Die Bedeutung dieser Parabel liegt in ihrer Aussage über die Gleichwertigkeit der drei monotheistischen Religionen - Judentum, Christentum und Islam.
Die Sprache und der Stil der Aufklärung spiegeln sich in der klaren, vernunftbetonten Argumentation wider. Nathan nutzt die Ringparabel als didaktisches Instrument, um Saladin die Unmöglichkeit zu verdeutlichen, die eine "wahre" Religion zu bestimmen. Die Sachebene und Bildebene verschmelzen kunstvoll: Der Ring symbolisiert den Glauben, während die drei Söhne die drei Weltreligionen repräsentieren. Die zentrale Aussage "Als ob die Wahrheit Münze wäre" kritisiert die Vorstellung, dass Wahrheit etwas Absolutes und leicht Erkennbares sei. Stattdessen betont Lessing die Notwendigkeit, durch tugendhaftes Handeln und gegenseitige Toleranz die Wahrheit des eigenen Glaubens zu beweisen. Diese Botschaft der Ringparabel ist auch heute noch von großer Relevanz für das friedliche Zusammenleben in einer multireligiösen Gesellschaft.