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Schule. Endlich einfach.
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Straßenbild, Hoffnung auf den neuen Menschen, Karl Henckell
Lea
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Ausarbeitung
aus dem Naturalismus
Strupenona "Hoffnung auf den neuen Menschen" Karl Henckell, Straßenbild Es folgt in diesem Gedicht ein stark naturalistisch angehauchtes Szenebild von einem Bettlerpaar, das vergebens um Almosen bettelt. Am Ende auch hier wieder ein sehr hoch angesetztes und wenig aussagekräftiges Bild, in dem das "Elend dieser Welt" zu einer Art Knochenmann personifiziert wird, der diese Menschen ein Leben lang begleitet. Naturalismus Das Gedicht »Straßenbild« von Karl Henckell (um 1903) weist typische Merk- male des Naturalismus auf: Sieh dort die Zwei! Er spielt die Flöte, und woll'ne Strümpfe strickt sein Weib, im Korbe ruh'n zwei Dreierbröte zur Nahrung für den siechen Leib. Flütih, flütüh! - – › Wer gibt'nen Groschen?‹ Die Flöte lockt so flehend süß. ›Ihr steckt ja in den Glücksgaloschen, euch ist die Welt ein Paradies. ‹ Flütüih, flütih – schon humpelt weiter das eheliche Bettlerpaar, ein Einziger ist ihr Begleiter, treu bis zum Tode, Jahr für Jahr. Sein Blick ist hohl, sein Gang gebrochen, von Schwären sein Gesicht entstellt, er nagt an einem kahlen Knochen und heißt das Elend dieser Welt. Die ersten zehn Zeilen schildern eine kurze Szene aus dem Alltag eines bet- telnden Ehepaars, in der das Typische seiner sozialen Lage anschaulich wird: Armut und leibliche Not sowie die Hilflosigkeit des Versuchs, mit dem schönen Schein einfacher Unterhaltung ans Mitleid der Besitzenden zu appellieren. Das schlichte Versmaß des Gedichts greift den Rhythmus der auch lautmalerisch vergegenwärtigten...
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Musik auf, dient der Schilderung eines Ausschnittes der so-zialen Außenwelt, will mit dem nachgeahmten Gestus der Bettler aber auch das ethisch bedeutsame Gefühl des Mitleids hervorrufen. Damit wird der Sinn einer kritischen Zeitdiagnose in einem wahrnehmbaren Ausschnitt der gesellschaft- lichen Außenwelt sinnfällig gemacht. Die übrigen Zeilen personifizieren das Elend mit dem Gesicht eines hungernd-hinfälligen Menschen; diese Allegorie (d.h. die Personifizierung unanschaulicher Zusammenhänge) knüpft an die Motive der vorherigen Szene an, sie bleibt als sinnliche Vorstellung realistisch, und sie will das vereinzelte Bild der Bettler sinnfällig mit dem Allgemeinen der Lebensumstände entbehrender, leiblich verwundbarer Menschen verknüpfen. Auch das künstliche, in der Außenwelt so nicht wahrnehmbare Bild der Bettler mit ihrem Begleiter soll objektivierbare Sinnzusammenhänge aus der empiri- schen Realität erhellen: Wahrnehmung und Regelwissen sollen zusammengeführt werden. Die Allegorie des Elends zeigt an, dass im anschaulichen Milieu der Bettler eine weltliche Macht wirkt, die vom bewussten Wollen der Betrof- fenen entkoppelt ist. Darin zeigt sich die deterministische Sicht der Naturalisten : Verhalten wird als Wirkung objektivierbarer Gesetze interpretiert. Der Natu- ralismus ist aber nicht fatalistisch, sondern geht davon aus, dass sich soziale Probleme mit der Anpassung unseres Verhaltens an die Autorität jener Gesetze lösen lassen - die Einsicht in Hilflosigkeit der Bettler kann daher mit ethi- schen Appellen verbunden werden. Der damit verbundene Glaube an einen selbständigen Sinn der empirischen Realität verabschiedet sich vom metaphy- sischen Dualismus, d. h. der Zweiheitslehre vom Gegensatz einer selbständigen, ewigen und immateriellen Ordnung und einer von ihr abhängigen, vergänglich- materiellen Erscheinung; er beruht auf dem Monismus, d.h. der Lehre von der Einheit der Materie mit den Prinzipien ihrer sinnhaften Organisation. Zwar wollten die Frühnaturalisten, unter ihnen auch Henckell, um 1884 ihre >Seele< und damit >Göttliches und >Geniales< freisetzen - aber »durchtränkt von dem Lebensstrome der Zeit<<, also in der verzeitlichten Welt. Der Hochnaturalismus ist dann naturwissenschaftlich orientiert und weist neben sozialistischen auch individualistische Tendenzen auf. Die Gegenströmungen zum Naturalismus sind vielfältig und nicht leicht zu überschaven; für die Erfahrung, dass der Expressionismus eine entscheidende Neverung darstellt, sind vor allem symbolistische und impressionistische Strömungen von Bedeutung. So können andere Bewegungen wie etwa die Nevklassik oder die Heimatkunst hier zunächst vernachlässigt werden; auf den Preis dieses Verfahrens wird abschließend zurückzukommen sein.
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Musik auf, dient der Schilderung eines Ausschnittes der so-zialen Außenwelt, will mit dem nachgeahmten Gestus der Bettler aber auch das ethisch bedeutsame Gefühl des Mitleids hervorrufen. Damit wird der Sinn einer kritischen Zeitdiagnose in einem wahrnehmbaren Ausschnitt der gesellschaft- lichen Außenwelt sinnfällig gemacht. Die übrigen Zeilen personifizieren das Elend mit dem Gesicht eines hungernd-hinfälligen Menschen; diese Allegorie (d.h. die Personifizierung unanschaulicher Zusammenhänge) knüpft an die Motive der vorherigen Szene an, sie bleibt als sinnliche Vorstellung realistisch, und sie will das vereinzelte Bild der Bettler sinnfällig mit dem Allgemeinen der Lebensumstände entbehrender, leiblich verwundbarer Menschen verknüpfen. Auch das künstliche, in der Außenwelt so nicht wahrnehmbare Bild der Bettler mit ihrem Begleiter soll objektivierbare Sinnzusammenhänge aus der empiri- schen Realität erhellen: Wahrnehmung und Regelwissen sollen zusammengeführt werden. Die Allegorie des Elends zeigt an, dass im anschaulichen Milieu der Bettler eine weltliche Macht wirkt, die vom bewussten Wollen der Betrof- fenen entkoppelt ist. Darin zeigt sich die deterministische Sicht der Naturalisten : Verhalten wird als Wirkung objektivierbarer Gesetze interpretiert. Der Natu- ralismus ist aber nicht fatalistisch, sondern geht davon aus, dass sich soziale Probleme mit der Anpassung unseres Verhaltens an die Autorität jener Gesetze lösen lassen - die Einsicht in Hilflosigkeit der Bettler kann daher mit ethi- schen Appellen verbunden werden. Der damit verbundene Glaube an einen selbständigen Sinn der empirischen Realität verabschiedet sich vom metaphy- sischen Dualismus, d. h. der Zweiheitslehre vom Gegensatz einer selbständigen, ewigen und immateriellen Ordnung und einer von ihr abhängigen, vergänglich- materiellen Erscheinung; er beruht auf dem Monismus, d.h. der Lehre von der Einheit der Materie mit den Prinzipien ihrer sinnhaften Organisation. Zwar wollten die Frühnaturalisten, unter ihnen auch Henckell, um 1884 ihre >Seele< und damit >Göttliches und >Geniales< freisetzen - aber »durchtränkt von dem Lebensstrome der Zeit<<, also in der verzeitlichten Welt. Der Hochnaturalismus ist dann naturwissenschaftlich orientiert und weist neben sozialistischen auch individualistische Tendenzen auf. Die Gegenströmungen zum Naturalismus sind vielfältig und nicht leicht zu überschaven; für die Erfahrung, dass der Expressionismus eine entscheidende Neverung darstellt, sind vor allem symbolistische und impressionistische Strömungen von Bedeutung. So können andere Bewegungen wie etwa die Nevklassik oder die Heimatkunst hier zunächst vernachlässigt werden; auf den Preis dieses Verfahrens wird abschließend zurückzukommen sein.