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Trigger Warnings - Kommentar

16.7.2020

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Trigger Warnings - Kommentar
Achtung, FSK18! Dieser Film ist nicht für Kinder unter 18 geeignet! Die Altersbeschränkungen auf
Filmen schützt
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Achtung, FSK18! Dieser Film ist nicht für Kinder unter 18 geeignet! Die Altersbeschränkungen auf
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Trigger Warnings - Kommentar Achtung, FSK18! Dieser Film ist nicht für Kinder unter 18 geeignet! Die Altersbeschränkungen auf Filmen schützt Kinder vor brutalen Szenen und lässt die Zuschauer im Vorhinein einschätzen, wie dramatisch oder detailliert dargestellt bestimmte Handlungen sein werden. Liegt doch also eigentlich nahe, ähnliche Warnungen oder Hinweise auch in der Literatur anzuwenden, oder? Vor allem in Schulen, bei denen die Leserschaft aus jungen Menschen besteht und die Schüler nicht selbst entscheiden können welche literarischen Werke behandelt werden, würde das doch Sinn machen. Genau über solche Warnhinweise, sogenannte ,,Trigger Warnings" ist an der britischen Universität Cambridge nun die Diskussion entfacht. Studenten fordern den Schutz vor brutalen Handlungen in klassischen Werken, in denen die zentrale Thematik häufig aus Mord und Totschlag besteht. Besonders sensible Jugendliche, die bereits traumatische Ereignisse durchlebt haben, würden durch diese Werke in Erinnerungen zurückgebracht und fordern eine Warnung vor besagten Stellen. Doch sind solche ,,Trigger Warnings" wirklich zweckmäßig oder was steckt wirklich hinter den eigentlich schützenden Warnhinweisen? Niemand kann abstreiten, dass uns der Inhalt eines Buches manchmal wirklich sehr real vorkommt. Der Literaturwissenschaftler Jost Schneider erklärt, dass es für den Leser nicht möglich sei, Fiktionalität und Faktizität voneinander zu trennen und eine sogenannte Grauzone für die Übergangsphänomene existiere. In unserem normalen Alltag entstehen hier durch keine tragischen Probleme. Wem schadet es schon, wenn man...

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Alternativer Bildtext:

einer real wirkenden Person in einem Roman ein bisschen hinterhertrauert, da sie im letzten Kapitel verstorben ist. Aber wie ist das bei Jugendlichen, oder wenn man sich nicht persönlich dazu entscheidet ein Buch aus Interesse zu lesen? Die Dresdner Sozialpädagogin Marita Erfurth hat in diesem Bereich nur Vorteile gemacht. Jugendliche Straftäter werden von ihr betreut und zum Lesen gebracht. Und die Ergebnisse sind eindeutig. Aus Erfahrung berichtet die Pädagogin, ein Buch zu lesen sei erzieherisch äußerst sinnvoll. Und eben auch besonders dann, wenn einem die Thematik des Werkes nicht von Anfang an zuspricht oder man Angst hat einen persönlichen Bezug zum Text aufzubauen und seine eigene Situation dort wiederzufinden. Und wenn schon Straftäter positive Erfahrungen aus so einer Leseerfahrung mitnehmen, dann wird der Effekt im Unterricht erst recht vorhanden sein. Die von Jost Schneider erläuterte Grauzone ist keineswegs negativ, sondern bringt uns dem Werk näher und macht es Schülern erst möglich etwas ganz Persönliches aus der Lektüre zu lernen. Natürlich kann man sich in der Schule nicht selbst aussuchen, welche Werke man liest und die alten Klassiker sind sowieso standardisiert im Lehrplan vertreten. Wenn man sich erst gar nicht mit dem Werk anfreundet und bis zum Ende hin die Barriere zwischen der Fiktionalität nicht fällt, bleibt zwar der gern gesehene Erziehungseffekt aus, aber dieser ist leider sowieso meist eher Wunschdenken der Lehrer. Die viel größere Problematik, die in der Debatte um ,,Trigger Warnings", beschäftigt sich mit der Identifizierung Jugendlicher mit extremen Geschehnissen in den Texten und den daraus entstehenden fatalen Folgen. So brachten sich beispielsweise ein Dutzend Jugendliche im Geiste Werthers, des Protagonisten eines von Goethes größten Werken, um, da sie sich mit der hoffnungslosen Liebe und der Radikalität in den Textzeilen wiedergefunden haben. Hätte eine Warnung hier geholfen? Hat ein kurzer Hinweis auf die kommenden Geschehnisse so einen großen Einfluss. Das erlaube ich mir zu bezweifeln. Aber dazu später komme ich später noch einmal. In meinen vergangenen Schuljahren habe ich selbst schon so einige Werke gelesen und kann in diesem Punkt also wirklich aus Erfahrung sprechen, wenn ich sage, dass die Distanz, die ich zu einem im Unterricht behandelten Werk habe, eine ziemlich große ist. ,,Als Hausaufgabe bis Seite 50 lesen", ,,Analysiere das Verhalten der Protagonistin in jener Situation". Klar, manche Szenen kommen mir näher als andere, aber das ist nicht vergleichbar mit einem Roman, den ich privat lese. Der gesamte Kontext des Lesens lässt mich den Text in einer anderen Art und Weise aufnehmen. Eher analytisch, systematisch, dass ich nichts vergesse. Die emotionale Ebene bleibt meist außenvor. Eine ,,Trigger Warnung" würde wahrschlich sogar noch den letzten Anreiz und Spannungsbogen, den man beim Lesen verspürt zerstören. Es ist ja kein Geheimnis, dass einige Schüler die Bearbeitung ganzer Werke im Deutschunterricht lieber bleiben lassen würden. Ist ja auch anstrengend, so viele Seiten und dann muss man auch immer noch zwischen den Zeilen lesen. Die Bedenken sind nicht unbegründet, nicht wenige Jugendliche sehen in ,,Trigger Warnings" auch eine Art Schlupfloch, um den öden alten Reimen zu entkommen. Wie soll man da auch gegen vorgehen. ,,Dir glaube ich das jetzt nicht, mit der traumatischen Vergangenheit..." mit der Einstellung wäre die Idee von Warnungen sowieso hinüber. Natürlich kann man das nicht verallgemeinern, aber Schülern die Möglichkeit zu geben die Lektüre zu meiden und gleichzeitig den traumatisierten Schülern jeglichen Kontakt zu kritischen Themen zu entziehen, sodass eine Sensibilisierung nicht möglich ist, ist ein wirklich schlechter Kompromiss. Nicht, dass dann der geistige Superman die Lektüre aus reinem Desinteresse meidet und ein labiler Jugendlicher jeden Kontakt zu dem Thema abblockt nur weil er bei einer Warnung Flashbacks befürchtet. Genau dieser Fakt macht Trigger Warnings in meinen Augen sinnlos. Es ist einfach nicht zielführend es Jugendlichen möglich zu machen sich von bestimmten Themen aufgrund von Vorgeschichten zu isolieren. Auch der Psychologe Jonathan Haidt sieht hier ein Problem. Wie sollen Erwachsene im harten Leben ohne jegliche Vorwarnungen oder Milderungen bestimmter Situationen bestehen können, wenn sie in der Schulzeit so stark in Watte gepackt werden (würden), argumentiert Haidt. Die Befürchtung ist ernst. Es ist sehr viel gefährlicher Themen wie Selbstmord totzuschweigen oder die Auseinandersetzung durch Warnungen zu umgehen. Der offene Umgang ist gefordert und nötig. Ohnehin ist es unmöglich in der heutigen Zeit mit den sozialen Netzwerken die direkte Auseinandersetzung mit dem Thema Selbstmord zu unterdrücken. Auf den Plattformen tauschen sich betroffene Jugendliche aus, sehen sich endlich verstanden und können sich öffnen über was sie bedrückt. Doch eigentlich genau das, was man sich von einer gesunden Schulgemeinschaft wünscht, oder nicht? Die Schule ist in der Verantwortung, Schülern offen zu begegnen und eben genau dann als fester Anker zu wirken, wenn der Jugendliche mit traumatischen Erlebnissen zu kämpfen hat und nicht durch ,,Trigger Warnings" diese Verantwortung abzuschieben und den Schülern zu vermitteln, sie müssen selbst entscheiden, ob sie bereit für brutale Literatur sind, oder eben nicht. Eine Warnung soll helfen, soll Probleme vermeiden und vor allem schützen. Ein traumatisierter Schüler, zuhause läuft es auch nicht so gut, geht in die Schule und liest eine Trigger Warnung. ,,Bin ich stark genug für das Werk? Nein, ich will nicht so schwach sein. Hoffentlich wird die Stelle nicht so schlimm." Erfüllen ,,Trigger Warnings" so ihre Aufgabe? Eher weniger, aber darüber hinaus ist die Wirkung der großartigen Warnungen sogar kontraproduktiv. Dies ergab die Studie der Psychologen um Benjamin Bellet von der Harvard University. Nach dem Lesen einer Warnung seien die Ängste erst recht verstärkt und die brutalen Textstellen würden als sehr viel schlimmer eingestuft, als ohne die vorherige Warnung. Ferner merken die Psychologen an, Trigger Warnings widersprächen der grundsätzlichen Strategie der Traumatherapie, da die Patienten langsam lernen müssten mit den Reizen umzugehen und in Zuge dessen einer geringer Dosierung ausgesetzt würden. Und die Harvard- Psychologen müssen ja nun wirklich wissen was sie da behaupten. Ja, es gab vergangene Suizide Jugendlicher, die ohne Frage in Zusammenhang mit dem Nachahmungseffekt literarischer Vorbilder standen. Doch keineswegs waren diese der ursprüngliche Grund zu der Tat. Der literarische Suizid bestätigt viel mehr eine bereits sehr präsente Gefühlslage und kann daher nur als schlussendlicher Auslöser gesehen werden. Bevor man jetzt durch ,,Trigger Warnings" krampfhaft versucht, diesen Auslöser zu unterdrücken, muss man sich erst mal mit dem eigentlichen Problem auseinandersetzen, denn Goethe kann für den Suizid am wenigsten. Warum hat man als Jugendlicher überhaupt das Bedürfnis Suizid zu begehen? Wie kommt so weit, dass man sich als Schüler überhaupt mit solchen Szenarien identifizieren kann? Wie kann es sein, dass in der ganzen Debatte nicht die Rede von Prävention und offenem Umgang mit dem Grundproblem ist? Was wir brauchen ist ein Schulklima, dass den Umgang mit gesellschaftlich kritischen Themen, mit sexistischen Themen und zuletzt mit Suizid erlaubt. Dass den Schülern als Stütze dient und nicht die sensiblen besonders hilfebedürftigen mit einer Warnung abschiebt. Zur langfristigen Gestaltung des Deutschunterrichts und dem Umgang mit Literatur, sind ,,Trigger Warnings" der absolut falsche Ansatz.