Das Libet-Experiment: Aufbau und Durchführung
Das Libet-Experiment ist ein wegweisendes neurowissenschaftliches Experiment, das den Zusammenhang zwischen Gehirnaktivität, bewusster Entscheidung und Handlungsausführung untersucht. Der Versuchsaufbau ist sorgfältig konzipiert, um diese komplexen Prozesse zu messen.
Highlight: Der Libet-Experiment Versuchsaufbau umfasst die Verkabelung von Kopf und Hand der Probanden mit Elektroden sowie einen Bildschirm mit einem kreisenden grünen Punkt.
Die Probanden werden angewiesen, zu einem frei gewählten Zeitpunkt spontan ihr Handgelenk zu heben. Dabei werden verschiedene Messungen durchgeführt:
- Die genaue Zeit der Bewegung wird mittels Elektromyographie (EMG) am Handgelenk erfasst.
- Die Hirnströme im Großhirn werden durch Elektroden am Kopf (EEG) gemessen.
- Der Zeitpunkt der bewussten Entscheidung wird von den Probanden selbst angegeben, indem sie sich die Position des kreisenden Punktes merken.
Vocabulary: Bereitschaftspotential - Ein im EEG messbares elektrisches Signal im Gehirn, das einer willkürlichen Bewegung vorausgeht.
Die Ergebnisse des Experiments sind bemerkenswert:
- Das Bereitschaftspotential setzt etwa 550 ms vor der Ausführung der Handlung ein.
- Die bewusste Entscheidung zur Bewegung tritt erst ca. 200 ms vor der Handlung auf.
- Das Gehirn beginnt also mit der Vorbereitung einer einfachen Handlung ca. 350 ms vor der bewussten Entscheidung.
Example: Wenn Sie beschließen, Ihren Arm zu heben, hat Ihr Gehirn diese Aktion bereits 350 ms vor Ihrer bewussten Entscheidung vorbereitet.
Diese Erkenntnisse führen zu wichtigen Interpretationen und Schlussfolgerungen:
- Die Einleitung einer frei gewollten Handlung scheint im Gehirn unbewusst zu beginnen.
- Das Bewusstsein könnte das Endergebnis des Willensprozesses im Zeitintervall von 150-200 ms beeinflussen.
- Der bewusste Wille hat die Möglichkeit, den Prozess zu blockieren oder zu verbieten.
Quote: "Der bewusste Wille beeinflusst also das Ergebnis des Willensprozesses."
Libet schlägt basierend auf diesen Ergebnissen eine neue Rolle des freien Willens vor:
- Er entscheidet darüber, welche Impulse oder Ideen umgesetzt werden.
- Er hat die Fähigkeit, eine Handlung oder einen Impuls zu kontrollieren.
Definition: Libet-Experiment Veto - Die Fähigkeit des bewussten Willens, eine bereits eingeleitete Handlung zu stoppen oder zu verhindern.
Diese Erkenntnisse haben weitreichende Implikationen für unser Verständnis von Willensfreiheit und moralischer Verantwortung. Sie suggerieren, dass jeder Impuls oder Drang unbewusst eingeleitet und entwickelt wird, und das Auftreten einer Handlungsabsicht keiner bewussten Kontrolle unterliegt.
Highlight: Eine wichtige Schlussfolgerung des Libet-Experiments ist, dass eine Absicht möglicherweise nicht negativ bestraft werden sollte, da sie unbewusst entsteht.
Abschließend lässt sich festhalten, dass das Libet-Experiment zwar den freien Willen nicht widerlegt, aber unser Verständnis davon grundlegend verändert. Es zeigt, dass der freie Wille möglicherweise nicht in der Initiierung von Handlungen liegt, sondern in der Fähigkeit, diese zu kontrollieren, zu verhindern oder zuzulassen.