Die philosophische Betrachtung des Menschen und seiner Natur steht im Zentrum der anthropologischen Grundfragen.
Das anthropologische Menschenbild beschäftigt sich mit der fundamentalen Frage nach dem Wesen des Menschen. Aristoteles Menschenbild definiert den Menschen als "zoon politikon" - ein soziales und politisches Wesen, das durch Vernunft und Sprache gekennzeichnet ist. Diese Sichtweise wurde später von Kants Ethik weiterentwickelt, der den Menschen als "Bürger zweier Welten" beschreibt - einerseits als Naturwesen mit Trieben und Neigungen, andererseits als Vernunftwesen mit moralischer Autonomie. Der Kategorische Imperativ als zentrales Element von Kants moralischem Gesetz fordert, dass der Mensch nach Maximen handeln soll, die zu allgemeinen Gesetzen taugen.
Einen völlig anderen Ansatz verfolgt Sigmund Freud mit seiner Trieblehre. Die Triebe des Menschen werden in seiner Theorie hauptsächlich durch zwei Grundtriebe bestimmt: Eros (Lebenstrieb) und Thanatos (Todestrieb). Der Lebenstrieb und Todestrieb nach Freud stehen in ständigem Konflikt miteinander. Während Eros für Selbsterhaltung, Fortpflanzung und Bindung steht, repräsentiert Thanatos destruktive und aggressive Tendenzen. Als stärkster Trieb des Menschen gilt dabei der Selbsterhaltungstrieb, der dem Eros zugeordnet wird. Diese psychoanalytische Perspektive erweitert das Verständnis menschlicher Motivation jenseits rationaler Überlegungen und zeigt die Komplexität der anthropologischen Grundpositionen. Die Autonomie und Freiheit, die bei Kant noch im Vordergrund standen, werden bei Freud durch unbewusste Triebkräfte relativiert.