Arbeitsmigration am Beispiel der "Ruhrpolen"
Die Ruhrpolen kamen während der beschleunigten Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts ins Ruhrgebiet. Der steigende Bedarf an Arbeitskräften in Kohlebergwerken und Stahlwerken zog viele polnische Arbeiter an. Diese Binnenmigration in Deutschland im 19. Jahrhundert veränderte die kulturelle Landschaft des Ruhrgebiets nachhaltig.
Interessant ist die Selbstwahrnehmung der Migranten: Obwohl sie deutsche Staatsbürger waren, fühlten sich viele als Polen. Sie träumten von einem polnischen Nationalstaat und wollten ihre kulturelle Identität bewahren. Dies führte zu einer Art Parallelgesellschaft mit getrenntem Wohnen, geschlossenem Heiratsverhalten und dem Schutz polnischer Traditionen.
Die deutsche Mehrheitsgesellschaft reagierte mit Ablehnung. Polen galten als "Reichsfeinde", und der deutsche Nationalismus verstärkte die Spannungen. Es entstand eine "bipolare Abschottungsspirale": Je mehr die Polen ihre Identität bewahrten, desto stärker wurden die Kontrollen und Verbote durch die deutschen Behörden. Die Germanisierungspolitik gegenüber den Ruhrpolen zeigte sich in Verboten polnischer Nationalsymbole und sogar Massenabschiebungen im Jahr 1885.
Wusstest du? Die Geschichte der Ruhrpolen lebt bis heute weiter: in polnischstämmigen Nachnamen (die oft eingedeutscht wurden), in Fußballvereinen wie Schalke 04 (der von polnischen Bergarbeitern mitgegründet wurde) und in der katholischen Prägung mancher Ruhrgebietsstädte.
Diese frühe Form der Arbeitsmigration zeigt Parallelen zur späteren Gastarbeiter im Ruhrgebiet Geschichte. Historische Quellen über die Ruhrpolen dokumentieren, wie Vorurteile entstanden und wie der "innere Feind" oft als bedrohlicher wahrgenommen wurde als äußere Feinde.