Arten des Sozialstaats und Wohlfahrtsstaats
In diesem Abschnitt werden verschiedene Arten des Sozialstaats und des Wohlfahrtsstaats vorgestellt, die unterschiedliche Ansätze zur sozialen Sicherung und staatlichen Intervention repräsentieren.
Arten des Sozialstaats
Fürsorgender Sozialstaat
Der fürsorgende Sozialstaat zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:
- Er sorgt umfassend für seine Bürger.
- Zielt auf Freiheit von materieller Not und Erwerbszwang ab.
- Strebt nach Gleichheit der materiellen Lebensverhältnisse durch Einkommensumverteilung.
- Gewährt jedem Bürger Anspruch auf die gleichen Leistungen.
- Agiert als planender Staat mit Erfüllungsverantwortung.
- Verfolgt das Ziel der Vollbeschäftigung.
- Fördert Normalarbeitsverhältnisse und Berufsschutz.
- Setzt auf Nachfragesteuerung in der Wirtschaft.
Example: Ein Beispiel für einen fürsorgenden Sozialstaat wäre ein System, in dem der Staat umfangreiche Arbeitslosenunterstützung, kostenlose Gesundheitsversorgung und großzügige Rentenleistungen für alle Bürger bereitstellt.
Aktivierender Sozialstaat
Im Gegensatz dazu fokussiert sich der aktivierende Sozialstaat auf:
- Förderung der Eigenverantwortung der Bürger.
- Gewährleistung einer Mindestsicherung.
- Schaffung gleicher Möglichkeiten zur Teilnahme am sozialen Leben.
- Bereitstellung gleicher Chancen in Bildung und auf dem Arbeitsmarkt.
- Angebot individualisierter Leistungen.
- Staat als Vermittler mit Gewährleistungsverantwortung.
- Flexiblere Arbeitsverhältnisse.
- Angebotssteuerung in der Wirtschaft.
- Reduzierung von Transferleistungen.
Highlight: Der Unterschied zwischen fürsorgendem und aktivierendem Sozialstaat liegt hauptsächlich in der Rolle des Staates: Während der fürsorgende Staat direkt eingreift, fördert der aktivierende Staat die Eigeninitiative der Bürger.
Arten des Wohlfahrtsstaats
Die Wohlfahrtsstaaten werden nach Esping-Andersen in drei Haupttypen unterteilt:
Liberaler Wohlfahrtstyp
- Sehr geringes staatliches Eingreifen.
- Extrem wichtige Rolle der Wirtschaft.
- Geringe Sozialleistungen, nur nach individueller Bedürftigkeitsprüfung.
- Private Sicherung ist notwendig.
- Niedrige bis keine Sozialabgaben.
- Beispiele: USA, Kanada, Australien.
Example: In den USA, einem liberalen Wohlfahrtsstaat, gibt es keine allgemeine gesetzliche Krankenversicherung. Stattdessen müssen sich Bürger oft privat versichern oder erhalten nur minimale staatliche Unterstützung.
Konservativer Wohlfahrtstyp
- Temporäres staatliches Eingreifen aus staatlichen Gründen.
- Wichtige, aber nicht übergeordnete Rolle der Wirtschaft.
- Stark lohnarbeitszentriert.
- Soziale Rechte an beruflichen Status gebunden.
- Mittelmaß an Sozialleistungen, oft an beruflichen Status gebunden.
- Vorwiegend Geldleistungen.
- Gute private Sicherung, aber staatliche Hilfe im Notfall.
- Mittelmaß an Sozialabgaben.
- Beispiele: Deutschland, Italien, Frankreich.
Highlight: Deutschland wird oft als Beispiel für einen konservativen Wohlfahrtsstaat genannt, in dem soziale Leistungen stark an den Erwerbsstatus gekoppelt sind.
Sozialdemokratischer Wohlfahrtstyp
- Allgemeine Versorgung der Bevölkerung auf sehr hohem Niveau.
- Geringe Rolle der Wirtschaft.
- Hohe Sozialausgaben (über 50% des Staatshaushalts).
- Private Sicherung nicht notwendig aufgrund hoher Sozialabgaben.
- Hohe Sozialabgaben.
- Beispiele: Schweden, Dänemark, Norwegen.
Example: In Schweden, einem sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaat, gibt es umfassende staatliche Leistungen wie kostenlose Bildung bis zur Universität, ein umfangreiches öffentliches Gesundheitssystem und großzügige Elternzeitregelungen.
Diese verschiedenen Modelle des Sozial- und Wohlfahrtsstaats zeigen die unterschiedlichen Ansätze, wie Staaten soziale Sicherheit und Gerechtigkeit zu gewährleisten versuchen. Jedes Modell hat seine eigenen Vor- und Nachteile und spiegelt die jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Prioritäten wider.