Die Kriegsschuldfrage
Die Frage nach der Verantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs, die sogenannte Kriegsschuldfrage, wurde intensiv diskutiert. Der Versailler Vertrag legte die alleinige Schuld bei Deutschland und seinen Verbündeten fest.
Deutsche Historiker der Weimarer Republik vertraten die These eines "Hineinschlitterns" Europas in den Krieg ohne Verschulden einer einzelnen Macht.
Example: Die These vom "Hineinschlittern" besagt, dass alle europäischen Mächte gleichermaßen in den Krieg "hineingeschlittert" seien, ohne dass eine einzelne Nation die Hauptverantwortung trage.
In den 1960er Jahren löste Fritz Fischer mit seiner These, dass die deutsche Elite den Krieg bewusst herbeigeführt habe, eine kontroverse Debatte aus.
Highlight: Die Fischer-These markierte einen Wendepunkt in der deutschen Geschichtswissenschaft und führte zu einer kritischeren Auseinandersetzung mit der deutschen Rolle im Ersten Weltkrieg.
Spätere Historiker wie Hans-Ulrich Wehler und Wolfgang J. Mommsen relativierten Fischers These und betonten innenpolitische Faktoren als Auslöser für die aggressive Außenpolitik.
Die Theorie des "kalkulierten Risikos" betont das deutsche Gefühl der Einkreisung als Motiv für die riskante Außenpolitik vor 1914.
Definition: Die Theorie des "kalkulierten Risikos" besagt, dass die deutsche Führung bewusst eine riskante Außenpolitik betrieb, in der Hoffnung, die vermeintliche Einkreisung Deutschlands zu durchbrechen.