Die Verfassung des Deutschen Kaiserreichs
Die Reichsverfassung von 1871 spiegelte den preußisch dominierten Obrigkeitsstaat wider. Das politische System bestand aus zwei Kammern: dem Bundesrat und dem Reichstag. Der Bundesrat besaß deutlich höhere Kompetenzen als der Reichstag und wurde aufgrund der großen Landfläche Preußens in jeder Entscheidung von diesem dominiert.
Definition: Der Obrigkeitsstaat ist eine Staatsform, in der die Regierung und Verwaltung von oben nach unten organisiert sind und die Bürger wenig Mitspracherecht haben.
Neben dem Kaiser wurde das Amt des Reichskanzlers eingeführt, der nur dem Kaiser, nicht aber dem Reichstag verantwortlich war. Der Reichstag fungierte als Volksvertretung, durfte aber lediglich im Haushaltsplan mitbestimmen.
Highlight: Die eingeschränkten Rechte des Reichstags zeigen den autoritären Charakter des Deutschen Kaiserreichs.
Otto von Bismarck, der seit 1871 Reichskanzler war, verfolgte in seiner Amtszeit eine Politik, die darauf abzielte, die Parteien im Reichstag gegeneinander auszuspielen, um das Modell des preußischen Obrigkeitsstaates aufrechtzuerhalten.
Example: Bismarcks Taktik des "Divide et impera" (Teile und herrsche) zeigte sich in seiner Innenpolitik, indem er verschiedene politische Gruppierungen gegeneinander ausspielte.
Die Reichsgründung 1871 markierte somit nicht nur die Entstehung eines deutschen Nationalstaates, sondern auch die Etablierung eines politischen Systems, das stark von preußischen Interessen und autoritären Strukturen geprägt war.