Pauperismus und soziale Unruhen im 19. Jahrhundert
Der Pauperismus und die daraus resultierenden sozialen Unruhen waren treibende Kräfte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Neben Liberalismus und Nationalismus, die vom aufstrebenden Bürgertum getragen wurden, kam es zu zunehmenden Unruhen, die von der verarmten Unterschicht ausgingen. Diese Entwicklungen führten zu einer Verschärfung der revolutionären Stimmung und zum Aufkommen von Problemen, die den bürgerlichen Zielvorstellungen entgegenstanden.
Definition: Pauperismus bezeichnet die Verarmung einer breiten Bevölkerungsschicht im 19. Jahrhundert.
Die Ursachen des Pauperismus waren vielfältig:
- Bevölkerungswachstum: Die sogenannte demographische Revolution führte zu einem massiven Anstieg der Bevölkerung von 26 Millionen im Jahr 1820 auf 33 Millionen im Jahr 1840. Dies war bedingt durch bessere Ernährung, geringere Kindersterblichkeit und weniger Kriege und Seuchen.
Highlight: Das rasante Bevölkerungswachstum führte zu einem Überangebot an Arbeitskräften, was in Kombination mit der noch unterentwickelten Industrie zu Arbeitslosigkeit und sozialem Elend führte.
- Bauernbefreiung: Die 1807 in Preußen eingeführte Bauernbefreiung hatte zwar moralische Gründe, führte aber zu wirtschaftlichen Problemen. Der Wegfall der sozialen Sicherung durch die Grundherren und die notwendigen Ablösezahlungen gefährdeten die Existenz vieler Bauern.
Example: Die Folgen der Bauernbefreiung waren Landflucht und weitere Verarmung der ländlichen Bevölkerung.
- Gewerbefreiheit: Die 1811 in Preußen eingeführte Gewerbefreiheit löste das alte Zunftwesen ab. Während das Zunftwesen zwar die Freiheit des Einzelnen einschränkte, bot es auch soziale Absicherung. Die Gewerbefreiheit führte zur Entstehung vieler kleiner Handwerksbetriebe, was ein Überangebot und harten Konkurrenzkampf zur Folge hatte.
Vocabulary: Proletarisierung bezeichnet den Prozess, bei dem Handwerker und Kleinunternehmer zu besitzlosen Lohnarbeitern wurden.
Der Schlesische Weberaufstand 1844 war eine direkte Folge dieser Entwicklungen. Die Hauptursache war das Elend der Leinenweber, das durch sinkende Nachfrage nach ihren Produkten entstand. Billigere Baumwollprodukte und die Konkurrenz des industrialisierten Englands verschärften die Situation. Das Verlagssystem, in dem Verleger die Preise für fertige Waren diktierten, führte dazu, dass Weber und ihre Familien nicht einmal ein Existenzminimum erreichen konnten.
Quote: "Unvorstellbare Not der Menschen" führte zu spontanen Aufruhen.
Der Weberaufstand 1844 Verlauf war geprägt von der Plünderung und Zerstörung der Häuser einiger Verleger. Die Aufstände wurden schließlich durch das Militär unterdrückt.
Highlight: Die Folgen des Weberaufstandes 1844 und ähnlicher sozialer Erhebungen trugen maßgeblich zur revolutionären Stimmung in Deutschland bei.
Diese Ereignisse verdeutlichen, wie die soziale Frage im 19. Jahrhundert zu einem zentralen Thema wurde und wie die Massenarmut im 19. Jahrhundert die politische und soziale Landschaft Deutschlands prägte.