Heinrich Brüning und das erste Präsidialkabinett der Weimarer Republik
Heinrich Brüning spielte eine entscheidende Rolle in der Zerstörung der Demokratie 1930-33 als erster Reichskanzler eines Präsidialkabinetts. Seine politische Laufbahn und die Umstände, die zu seiner Ernennung führten, sind von großer Bedeutung für das Verständnis dieser turbulenten Zeit.
Brünings politischer Aufstieg
Brüning sah die Revolution und den Sturz der Monarchie als Katastrophe an. Dennoch nutzte er die neue politische Landschaft für seinen Aufstieg:
- 1919 begann seine Karriere im "Sekretariat sozialer Studentenarbeit"
- 1920-1930 war er Geschäftsführer des Christlichen Deutschen Gewerkschaftsbundes
- 1923 beteiligte er sich maßgeblich am passiven Ruhrwiderstand
- Ab 1924 war er Reichstagsabgeordneter für die Zentrumspartei
Highlight: Brünings Expertise in Finanz- und Steuerfragen machte ihn zum idealen Kanzlerkandidaten in Zeiten der Wirtschaftskrise.
Das Präsidialkabinett unter Brüning
Am 30. März 1930 ernannte Reichspräsident Hindenburg Heinrich Brüning zum Reichskanzler. Dies markierte den Beginn der Präsidialkabinette in der Weimarer Republik:
- Brüning führte eine Politik der Deflation und Haushaltskonsolidierung
- Er nutzte Notverordnungen nach Artikel 48 der Weimarer Verfassung, um den Reichstag zu umgehen
- Seine Maßnahmen umfassten Kürzungen bei Löhnen, Sozialleistungen und staatlichen Ausgaben sowie Steuererhöhungen
Definition: Präsidialkabinette waren Regierungen, die nicht mehr vom Vertrauen des Parlaments, sondern von der Ernennung durch den Reichspräsidenten abhängig waren.
Folgen der Brüning'schen Politik
Die Deflationspolitik Brünings hatte weitreichende Konsequenzen:
- Verschärfung der Wirtschaftskrise durch sinkende Kaufkraft und Produktion
- Steigende Arbeitslosigkeit und soziale Spannungen
- Blutige Straßenschlachten und Saalkämpfe 1931/1932
- Verbot der SA im April 1932
Beispiel: Das Hoover-Moratorium von Juni 1931, das die deutschen Reparationszahlungen für ein Jahr aussetzte, konnte die Krise nicht aufhalten.
Brünings Rücktritt und Nachwirkungen
Am 30. Mai 1932 trat Brüning auf Aufforderung Hindenburgs zurück:
- Seine Politik hatte zu wenig rechtsgerichtete Parteien integriert
- Im Juni 1932 wurde der Young-Plan aufgehoben
- Nach der Machtübernahme Hitlers war Brüning kurzzeitig Vorsitzender der Zentrumspartei
- Er floh in die Niederlande, um einer Verhaftung zu entgehen
Zitat: "Brünings Scheitern markierte das Ende der Versuche, die Weimarer Republik durch parlamentarische Mittel zu retten."
Die Präsidialkabinette Brüning, Papen und Schleicher bildeten die Brücke zwischen der parlamentarischen Demokratie und der nationalsozialistischen Diktatur, wobei Brünings Amtszeit den Anfang vom Ende der Weimarer Republik einläutete.