Grundlagen der Praxishygiene und Händehygiene

Das Robert Koch-Institut (RKI) gibt alle Hygienevorschriften vor, die du in deiner Praxis brauchst. Der Hygieneplan ist dein absolut wichtigstes Dokument - ohne ihn läuft nichts! Er beantwortet dir alle entscheidenden Fragen: Was muss aufbereitet werden, wo passiert das, wann ist es nötig, womit machst du es und wer ist dafür zuständig.

Hygienisches Händewaschen brauchst du vor Arbeitsbeginn, nach Arbeitsende, bei sichtbaren Verschmutzungen, nach dem Toilettengang und vor sowie nach dem Essen. Aber Vorsicht: Zu häufiges Waschen schadet deiner Haut mehr als es nützt!

Wenn deine Haut durch ständiges Waschen gereizt und rissig wird, entstehen Eintrittspforten für Mikroorganismen. Das ist genau das Gegenteil von dem, was du erreichen willst. Außerdem brennt alkoholisches Desinfektionsmittel in verletzter Haut wie Feuer.

Merke dir: Bei der Hautdesinfektion vor invasiven Eingriffen wie Injektionen sprühst du das Mittel auf oder tupfst es mit einem Tupfer auf - 15 Sekunden Einwirkzeit reichen aus.

Flächen- und Händedesinfektion

Flächendesinfektion machst du immer dann, wenn sichtbare Kontamination da ist (Bedarfsdesinfektion) oder routinemäßig am Ende jeden Arbeitstages. Bei Arbeitsflächen, Liegen und OP-Böden nimmst du erst die grobe Verschmutzung mit einem getränkten Einwegtuch weg, dann wischst du mit getränktem Tuch oder Mopp nach.

Die hygienische Händedesinfektion beseitigt alle krankmachenden Mikroorganismen von deinen Händen. Du brauchst sie nach Laborarbeiten, vor und nach Patientenkontakt und vor Blutabnahmen oder Verbandswechseln.

3-5 ml Desinfektionsmittel reichen völlig aus - mehr ist nicht besser! Die Einwirkzeit beträgt 30 Sekunden. Das klingt kurz, fühlt sich aber länger an, wenn du dabei die 6-Schritt-Methode ordentlich durchführst.

Wichtig: Besonders bei immunschwachen Patienten ist die hygienische Händedesinfektion dein wichtigster Schutz vor Übertragungen.

Chirurgische Händedesinfektion und Desinfektionsarten

Chirurgische Händedesinfektion geht einen Schritt weiter - hier beseitigst du sogar die hauteigenen Mikroorganismen (aber nie vollständig!). Du brauchst sie vor Operationen und chirurgischen Eingriffen. Dabei desinfizierst du Hände und Unterarme bis zum Ellenbogen, hältst die Hände über Ellenbogenniveau und lässt alles vor dem Anziehen steriler Handschuhe trocknen.

90 Sekunden Einwirkzeit sind Standard, aber schau immer in die Herstellerangaben. Du brauchst so viel Desinfektionsmittel, dass die Haut die ganze Zeit über benetzt bleibt.

Bei der chemischen Desinfektion hängt die Wirksamkeit von mehreren Faktoren ab: dem richtigen Mittel, der Konzentration, Haltbarkeit, Temperatur und Einwirkzeit. Falsche Dosierung führt zu verringerter Wirkung - und das kann richtig gefährlich werden!

Bakterizid tötet Bakterien ab, viruzid macht Viren unschädlich und fungizid eliminiert Pilze. Die chemothermische Desinfektion $wie in Reinigungs- und Desinfektionsgeräten$ ist für die Praxis am wichtigsten - sie reinigt und desinfiziert gleichzeitig.

Praxis-Tipp: Verwende nie ein Flächendesinfektionsmittel für die Hände oder umgekehrt - jedes Präparat hat seinen spezifischen Einsatzbereich!

Physikalische Desinfektion und Sterilisation

Physikalische Desinfektion funktioniert ohne Chemie: durch Hitze (thermisches Verfahren), Bestrahlung, Filter oder Dampf. Das Pasteurisieren kennst du vielleicht schon von der Milch. In der Praxis ist die chemothermische Desinfektion am wichtigsten - deine RDGs $Reinigungs- und Desinfektionsgeräte$ arbeiten wie Hightech-Spülmaschinen.

Bei 60°C mit chemischem Wirkstoff spricht man von chemothermischer Desinfektion. Bei 93°C ohne Chemie läuft die rein thermische Desinfektion. Beide Verfahren sind hochwirksam und zuverlässig.

Sterilisation ist die Königsdisziplin - hier werden alle lebenden Mikroorganismen komplett eliminiert. Das Ziel ist Keimfreiheit (Asepsis), nicht nur Keimarmut wie bei der Desinfektion.

Unterschied merken: Desinfektion schafft Keimarmut, Sterilisation schafft Keimfreiheit - das ist ein riesiger Unterschied in der Sicherheit!

6-Schritt-Methode und Medizinprodukte-Einstufung

Die 6-Schritt-Methode ist dein Standard für hygienische und chirurgische Händedesinfektion: Handfläche auf Handfläche, Handfläche auf Handrücken, Handflächen mit verschränkten Fingern, dann nochmal anders verschränkt, Daumen umschließen und Fingerkuppen in der Handfläche reiben.

Medizinprodukte werden nach Risiko eingestuft: Unkritische haben nur Hautkontakt $wie EKG-Elektroden$, semikritische berühren Schleimhäute (wie Endoskope) und kritische kommen mit Blut oder Wunden in Kontakt (wie Nadeln oder Skalpelle).

Die Buchstaben A, B und C zeigen die Aufbereitungsanforderungen: A ist ohne besondere Anforderungen, B hat besondere Anforderungen und C braucht besonders hohe Anforderungen, weil es hitzeempfindlich ist.

Kritisch B-Produkte wie Biopsiezangen brauchen eine Sterilgutfachkraft für die Aufbereitung. Bei kritisch C-Produkten wie Herzkathetern muss sogar ein Spezialbetrieb ran.

Faustregel: Je kritischer das Produkt, desto aufwendiger die Aufbereitung - aber auch desto wichtiger für die Patientensicherheit!

Instrumentendesinfektion und Aufbereitung

Instrumentendesinfektion läuft nach validierten, geprüften Verfahren ab - immer gleich, immer sicher. Dein QM-System legt für jedes Medizinprodukt das passende Verfahren fest. Ab Risikoeinstufung "kritisch B" brauchst du eine Ausbildung zur Sterilisationsassistenz.

Schutzkleidung ist Pflicht: Schutzkittel, Schutzbrille, dickwandige Handschuhe und medizinische Maske. Die Aufbereitung muss sofort nach jeder Benutzung erfolgen - oder du lagerst so, dass nichts eintrocknet.

Die Reihenfolge ist entscheidend: Einlegen in die Instrumentenwanne (nicht übereinander!), abspülen nach der Einwirkzeit, trocknen, bei Bedarf nachreinigen, pflegen, Funktionsprüfung, verpacken und kennzeichnen, sterilisieren, freigeben durch Sterilgutkraft und dann erst lagern.

RDGs arbeiten thermisch bei 93°C oder chemothermisch bei 60°C. Sie sind besonders gut für Instrumente mit Hohlräumen geeignet. Beim Anmischen von Desinfektionslösungen gilt: Erst Wasser, dann Konzentrat - so vermeidest du Schaumbildung.

Rechenbeispiel: Für 1 Liter einer 1%-Lösung brauchst du 10ml Konzentrat + 990ml Wasser. Bei 5 Litern einer 2,5%-Lösung sind es 125ml Konzentrat + 4875ml Wasser.

Dampfsterilisation

Dampfsterilisation nutzt heißen, unter Druck stehenden Wasserdampf, der in alle Mikroorganismen eindringt und diese zerstört. Gespannter Dampf steht unter Druck, gesättigter Dampf enthält keine Restluft. Die Standards sind klar: 121°C für 15 Minuten oder 134°C für 3 Minuten.

Du kannst thermostabile Instrumente aus Metall, Porzellan, Textilien wie OP-Tücher, Gummi, Watte, Zellstoff und Nährmedien dampfsterilisieren. Das deckt die meisten Gegenstände in deiner Praxis ab.

Der Sterilisationsprozess hat sechs Phasen: Anheizzeit bis zur Siedetemperatur, Entlüftungszeit für das Vakuum, Steigezeit bis zur Betriebstemperatur, Ausgleichszeit (abhängig von der Beladung), die entscheidende Abtötungszeit und schließlich Abkühlungszeit mit Trocknung.

Wichtig: Die Ausgleichszeit hängt davon ab, wie du den Autoklav belädst - deshalb ist die richtige Beladung so entscheidend für den Erfolg!

Validierung der Sterilisation

Validierung bedeutet: Du testest und bestätigst, dass dein Gerät wirklich sterilisiert. Vor der Sterilisation verpackst du das Sterilgut in verschließbare Metallkisten oder verschweißbare Folienschläuche und kennzeichnest alles mit Sterilisationsdatum, Chargennummer, Ablaufdatum und deinem Handzeichen.

Drei Indikatoren begleiten jeden Prozess: Der Behandlungsindikator außen an der Verpackung zeigt nur, dass das Instrument im Sterilisator war. Der Prozessindikator (wie der Helixtest) zwischen dem Sterilgut beweist, dass der Dampf durchgedrungen ist.

Der Chemoindikator bestätigt, dass Temperatur und Druck gestimmt haben. Nach der Sterilisation wertest du alle Indikatoren aus (Farbumschlag prüfen!), kontrollierst das automatische Chargenprotokoll und gibst das Sterilgut frei.

Die Freigabe erfolgt durch eine zuständige Fachkraft, die Kennzeichnung, Verpackung, Freigabeprotokoll und Indikatoren kontrolliert und dokumentiert.

Sicherheit geht vor: Ohne ordnungsgemäße Freigabe darf kein Sterilgut verwendet werden - das ist Patientenschutz pur!

Externe Validierung

Externe Validierung läuft über Bioindikatoren oder Sporenpäckchen. Sporen sind die widerstandsfähigsten Dauerformen von Bakterien - wenn die abgetötet sind, hat garantiert kein anderer Krankheitserreger überlebt.

Die Sporenpäckchen legst du an verschiedenen Stellen zwischen das Sterilgut und schickst sie zur Auswertung ein. Diese externe Kontrolle musst du halbjährlich oder alle 400 Chargen durchführen - das ist gesetzlich vorgeschrieben.

Qualitätssicherung: Die externe Validierung ist dein Nachweis, dass deine Sterilisation wirklich funktioniert - ein unverzichtbarer Baustein der Patientensicherheit.