Evolutionstheorien im Vergleich: Lamarck und Darwin
Jean-Baptiste Lamarck entwickelte die erste umfassende Evolutionstheorie, die auf einem kontinuierlichen Artenwandel basiert. Seine Theorie stützt sich auf vier Säulen: Erstens glaubte er an einen inneren Trieb zur Vervollkommnung. Zweitens meinte er, dass Umweltänderungen innere Bedürfnisse bei Lebewesen hervorrufen, die zu Verhaltensänderungen führen.
Drittens formulierte Lamarck das Prinzip von Gebrauch und Nichtgebrauch: Organe, die stark genutzt werden, entwickeln sich weiter, während ungenutzte verkümmern (1. Naturgesetz). Viertens nahm er an, dass diese erworbenen Eigenschaften an die Nachkommen vererbt werden (2. Naturgesetz). Das klassische Beispiel für Lamarcks Theorie ist die Giraffe: Ihre Vorfahren streckten ihre Hälse nach Nahrung und vererbten diese längeren Hälse weiter.
Charles Darwin hingegen entwickelte die Theorie der natürlichen Selektion, die auf drei Beobachtungen beruht: Individuen einer Art zeigen Variabilität, es gibt einen Nachkommenüberschuss, und die Ressourcen sind begrenzt. Daraus folgerte er: Es herrscht ein "Kampf ums Dasein", bei dem die am besten angepassten Individuen überleben ("survival of the fittest") und mehr Nachkommen zeugen.
💡 Der entscheidende Unterschied: Bei Lamarck passen sich Individuen aktiv an die Umwelt an und vererben diese Anpassungen. Bei Darwin wählt die Umwelt passiv die bereits vorhandenen Varianten aus, die am besten angepasst sind.
Im Fall der Giraffe würde Darwins Evolutionstheorie erklären: Unter den Vorfahren mit unterschiedlich langen Hälsen überlebten diejenigen mit längeren Hälsen besser, da sie mehr Nahrung erreichten. Sie pflanzten sich erfolgreicher fort, wodurch der lange Hals in der Population zunahm – die natürliche Selektion war wirksam.