Inhalt und Interpretationsansätze: 2. Vigilie - Die magische Welt
In der zweiten Vigilie von "Der goldne Topf" vertieft E.T.A. Hoffmann die Verschmelzung von Realität und Magie. Anselmus, noch immer unter dem Eindruck seiner Begegnung mit den Schlangen, umfasst den Holunderbaum und fleht darum, erneut mit ihnen sprechen zu können.
Diese Szene markiert einen entscheidenden Moment in Anselmus' Entwicklung. Seine Sehnsucht nach dem Fantastischen kollidiert mit der nüchternen Realität der bürgerlichen Gesellschaft. Eine vorbeigehende Familie beobachtet sein Verhalten mit Unverständnis und Missbilligung.
Quote: "Der Herr ist wohl nicht recht bei Troste" - Diese Aussage verdeutlicht die Kluft zwischen Anselmus' Wahrnehmung und der gesellschaftlichen Norm.
Anselmus, beschämt und verwirrt, versucht zunächst, sein Verhalten zu rationalisieren und sich der bürgerlichen Sichtweise anzupassen. Doch sein innerer Konflikt zwischen der erlebten magischen Welt und den Erwartungen der Gesellschaft bleibt bestehen.
Die Handlung nimmt eine Wendung, als Anselmus' Freund, Konrektor Paulmann, auftaucht und ihn zu einer Gondelfahrt auf der Elbe einlädt. Während dieser Fahrt wird Anselmus erneut von seiner Sehnsucht nach den Schlangen überwältigt. Er glaubt, sie im Wasser zu erblicken, und spricht mit ihnen, was beinahe zu einem Sturz ins Wasser führt.
Highlight: Die Gondelfahrt symbolisiert Anselmus' Schweben zwischen zwei Welten - der realen und der magischen.
Paulmann und die anderen Anwesenden reagieren mit Besorgnis und Unverständnis auf Anselmus' Verhalten. Interessanterweise zeigen Heerbrand und Veronika, Paulmanns Tochter, mehr Verständnis für Anselmus. Besonders Veronikas blaue Augen fesseln Anselmus' Aufmerksamkeit und lenken ihn vorübergehend von seinen fantastischen Erlebnissen ab.
Die Vigilie endet mit einem Abend im Hause Paulmann, wo Anselmus eine potenzielle Arbeitsstelle bei Archivarius Lindhorst in Aussicht gestellt wird. Diese Entwicklung verspricht eine weitere Verknüpfung zwischen der realen und der magischen Welt.
Hoffmann nutzt diese Vigilie geschickt, um die Spannung zwischen Realität und Fantasie zu intensivieren und Anselmus' inneren Konflikt zu vertiefen. Die Reaktionen der verschiedenen Charaktere auf Anselmus' Erlebnisse spiegeln dabei unterschiedliche Haltungen gegenüber dem Fantastischen wider.