Bertolt Brechts Werk "Der gute Mensch von Sezuan" ist eine komplexe Parabel über die Schwierigkeit, in einer kapitalistischen Gesellschaft moralisch gut zu handeln.
Die Hauptfigur Shen Te, eine Prostituierte, wird von drei Göttern als einziger guter Mensch in Sezuan identifiziert. Sie erhält Geld von den Göttern und eröffnet einen Tabakladen, wird aber von der Armut ihrer Mitmenschen überfordert. Um zu überleben, erfindet sie einen fiktiven Vetter namens Shui Ta - eine harte, geschäftstüchtige Persönlichkeit. Diese Doppelrolle symbolisiert den inneren Konflikt zwischen Güte und wirtschaftlicher Notwendigkeit.
Die Parabel zeigt verschiedene Charaktere und ihre Beziehungen zueinander: Sun, den arbeitslosen Flieger, der Shen Te ausnutzt; die Familie Yang, die ihre Not ausnutzt; und Wong, den Wasserverkäufer, der als moralische Instanz fungiert. Die Figurenkonstellation verdeutlicht die sozialen Spannungen und moralischen Dilemmata. Brecht nutzt Verfremdungseffekte und epische Elemente, um die Zuschauer zum Nachdenken über gesellschaftliche Strukturen anzuregen. Die Interpretation des Werks zeigt, dass echte Güte in einer Gesellschaft, die auf Profit ausgerichtet ist, kaum möglich ist. Der offene Schluss, bei dem die Götter ratlos verschwinden, unterstreicht diese Botschaft.
Das Stück gehört zur Epoche des epischen Theaters und wurde 1943 uraufgeführt. Es verbindet traditionelle chinesische Theaterelemente mit Brechts didaktischem Ansatz. Die Charakterisierung der Hauptfiguren, besonders die Verwandlung von Shen Te zu Shui Ta, zeigt die Komplexität menschlichen Handelns unter schwierigen sozialen Bedingungen. Das Werk bleibt bis heute relevant für Diskussionen über soziale Gerechtigkeit, Moral und wirtschaftliche Zwänge.