Die Marquise von O ist eine der bedeutendsten Novellen von Heinrich von Kleist, die während der Weimarer Klassik entstanden ist.
Die Geschichte handelt von einer verwitweten Marquise, die durch eine Zeitungsanzeige bekannt gibt, dass sie unwissentlich schwanger geworden ist und den Vater ihres ungeborenen Kindes zu heiraten beabsichtigt. Der Aufbau der Novelle ist komplex und folgt einer nicht-linearen Erzählstruktur, die typisch für Kleists Werk ist. Die Haupthandlung spielt während der napoleonischen Kriege in einer italienischen Festungsstadt, wo die Marquise mit ihren Eltern und Kindern lebt. Nach einem Überfall russischer Truppen wird sie von einem mysteriösen Graf F. gerettet, der später als der Vater ihres Kindes identifiziert wird.
Das zentrale Thema der Novelle ist die gesellschaftliche Moral und die Rolle der Frau im frühen 19. Jahrhundert. Die Charakterisierung der Hauptfiguren ist vielschichtig: Die Marquise selbst wird als tugendhafte und ehrbare Frau dargestellt, während ihr Vater zwischen väterlicher Liebe und gesellschaftlichen Konventionen hin- und hergerissen ist. Die Mutter der Marquise verkörpert zunächst die strenge gesellschaftliche Moral, entwickelt sich aber im Verlauf der Geschichte zu einer verständnisvollen Unterstützerin ihrer Tochter. Die Novelle thematisiert auch die Spannung zwischen Schein und Sein, Wahrheit und Täuschung sowie die Komplexität menschlicher Beziehungen. Die Epoche der Aufklärung und ihre Ideale werden dabei kritisch hinterfragt, was typisch für Kleists Werk in der Weimarer Klassik ist.