Anwendung des Erzählmodells: Literarische Beispiele
In diesem Abschnitt wird das Modell des Erzählens nach Petersen anhand konkreter literarischer Werke veranschaulicht. Die Analyse der Erzähltechniken in "Effi Briest", "Das Muschelessen" und "Berlin Alexanderplatz" zeigt, wie verschiedene Erzählperspektiven und Erzählverhalten in der Praxis umgesetzt werden.
Effi Briest: Auktoriales Erzählverhalten
Theodor Fontanes Roman "Effi Briest" ist ein klassisches Beispiel für auktoriales Erzählverhalten. Der Erzähler nimmt eine olympische Position ein und überschaut das gesamte Geschehen.
Highlight: Der auktoriale Erzähler in "Effi Briest" kann zwischen Außen- und Innensicht wechseln und bietet dem Leser umfassende Einblicke in die Gedanken und Gefühle aller Figuren.
Die Erzählform ist die Er/Sie-Form, und der Erzähler nutzt verschiedene Darbietungsformen wie Bericht, detaillierte Beschreibungen und Kommentare.
Example: In "Effi Briest" finden sich häufig Kommentare und Reflexionen des Erzählers, die das Geschehen einordnen und bewerten.
Das Muschelessen: Personales Erzählverhalten
Birgit Vanderbekes "Das Muschelessen" ist ein Paradebeispiel für personales Erzählverhalten. Die Erzählerin hat eine geringe Distanz zum Geschehen und einen eingeschränkten Überblick.
Vocabulary: Der innere Monolog ist eine Technik, bei der die Gedanken einer Figur direkt und ungefiltert wiedergegeben werden.
Die Erzählperspektive ist an die Hauptfigur gebunden, und die Erzählform ist die Ich-Form. Charakteristisch sind Techniken wie erlebte Rede und die Darstellung von Gedankenströmen.
Example: In "Das Muschelessen" werden die Familienumstände aus der subjektiven Sicht der Ich-Erzählerin beschrieben, was typisch für das personale Erzählverhalten ist.
Berlin Alexanderplatz: Neutrales Erzählverhalten
Alfred Döblins "Berlin Alexanderplatz" weist Elemente des neutralen Erzählverhaltens auf. Der Erzähler bleibt distanziert und gibt das Geschehen ohne Wertungen wieder.
Highlight: Die neutrale Erzählweise in "Berlin Alexanderplatz" konzentriert sich auf die Außensicht und verzichtet auf Einblicke in die Gedanken und Gefühle der Figuren.
Die Erzählform ist die Er/Sie-Form, und der Text ist geprägt von Berichten und Beschreibungen. Eine Besonderheit ist die häufige Verwendung wörtlicher Rede, wobei der ostdeutsche Dialekt ausgeschrieben wird.
Quote: "Die Strafe beginnt." - Dieser berühmte erste Satz aus "Berlin Alexanderplatz" illustriert die nüchterne, neutrale Erzählweise des Romans.
Die Analyse dieser drei Werke zeigt, wie vielfältig Erzähltechniken in der Literatur eingesetzt werden können und wie sie die Wahrnehmung und das Verständnis des Lesers beeinflussen.