Seite 1: Einführung in Goethes Faust
Goethes "Faust" gilt als das bedeutendste Werk der deutschen Literatur und wird oft als Menschheitsdrama oder Weltspiel bezeichnet. Es handelt sich um ein offenes Drama, das sich durch mehrere Schauplätze, eine lange Zeitspanne mit Zeitsprüngen, unabhängige Handlungsstränge und eine Vielfalt an Ständen und Sprachstilen auszeichnet.
Die Entstehung des Werkes erstreckte sich über mehrere Jahrzehnte, von den 1770er Jahren bis 1808, und umfasst somit verschiedene literarische Epochen. Zentrale Themen des Dramas sind das Tierische im Menschen, die Verführbarkeit und religiöse Fragestellungen.
Der Aufbau des Werkes gliedert sich in drei wesentliche Teile:
- Drei Prologe: Zueignung, Vorspiel auf dem Theater und Prolog im Himmel
- Die Gelehrtentragödie (6 Szenen)
- Die Gretchentragödie (19 Szenen)
Highlight: Die Komplexität des Werkes resultiert aus der ständigen Überarbeitung durch Goethe, was zu einer Selbstreflexion des Schreibprozesses und des Verhältnisses des Autors zu seinem Werk führt. "Faust" kann als Goethes Lebenswerk betrachtet werden.
Definition: Ein offenes Drama ist eine dramatische Form, die sich von der klassischen geschlossenen Form durch ihre freiere Struktur, multiple Handlungsorte und -stränge sowie eine größere zeitliche und räumliche Ausdehnung unterscheidet.
Die Zueignung, der erste der drei Prologe, ist ein Gedicht, in dem der Dichter fiktive Figuren als seine Vertrauten heraufbeschwört. Diese Erscheinung der fiktiven Gestalten als lebendige Wesen in der Wirklichkeit ruft wehmütige Erinnerungen aus der Vergangenheit hervor und spiegelt die Schwermut und Trauer des Dichters um verlorene Zeit wider.
Interpretation: Die Zueignung kann als eine Art poetologische Reflexion verstanden werden, in der Goethe über sein Verhältnis zu seinem Werk und dessen Figuren nachdenkt. Sie bildet einen persönlichen Einstieg in das monumentale Werk und verdeutlicht die emotionale Verbundenheit des Autors mit seiner Schöpfung.