Die Wette und ihre Bedingungen
In diesem Abschnitt des Prolog im Himmel konkretisiert sich die Wette zwischen Gott und Mephisto über Faust. Mephisto charakterisiert zunächst Faust als ruhelosen Suchenden:
- "Nicht irdisch ist des Toren Trank noch Speise"
- "Ihn treibt die Gärung in die Ferne"
- "Er ist sich seiner Tollheit halb bewusst"
- "Vom Himmel fordert er die schönsten Sterne und von der Erde jede höchste Lust"
- "Befriedigt nicht die tiefbewegte Brust"
Gott zeigt hingegen Vertrauen in Fausts Entwicklung und nutzt das Menschenbild eines wachsenden Wesens:
- "Wenn er mir auch nur verworren dient, so werd ich ihn bald in die Klarheit führen"
- Verwendet die Gärtner-Metapher: "Weiß doch der Gärtner, wenn das Bäumchen grünt, das Blüt und Frucht die künft'gen Jahre zieren"
Schlüsselzitat: "Es irrt der Mensch so lang er strebt" - dieser zentrale Satz aus dem Prolog im Himmel fasst Goethes Menschenbild zusammen. Er zeigt, dass Irrtum und Streben untrennbar verbunden sind, aber gerade das Streben den Menschen wertvoll macht.
Die Bedingungen der Wette:
- Mephisto bietet an: "Ihn meine Straße sacht zu führen"
- Gott erlaubt: "Solang er auf der Erde lebt, so lange sei dir's nicht verboten"
- Mephisto bevorzugt Lebende: "Mit den Toten hab ich mich niemals gern befangen"
- Er liebt "die vollen, frischen Wangen" und vergleicht sich mit "der Katze mit der Maus"
Gottes Bedingungen und Vertrauen:
- "Zieh diesen Geist von seinem Urquell ab, und führ ihn ... auf deinem Wege mit herab"
- Entscheidend: "Ein guter Mensch, in seinem dunklen Drange, ist sich des rechten Weges wohl bewusst"
Mephisto ist siegessicher:
- "Mir ist für meine Wette gar nicht bange"
- "Staub soll er fressen, und mit Lust, wie meine Muhme, die berühmte Schlange" biblischeAnspielung
Die Rolle Mephistos im göttlichen Plan:
- Gott bezeichnet ihn als "Schalk" Diener
- "Von allen Geistern, die verneinen, ist mir der Schalk am wenigsten zur Last"
- Mephisto hat eine wichtige Funktion: "Des Menschen Tätigkeit kann allzu leicht erschlaffen"
- Er ist der "Geselle", "der reizt und wirkt und muss als Teufel schaffen"
Charakterisierung Mephisto: Im Prolog im Himmel wird Mephisto als verneinender Geist dargestellt, der jedoch Teil des göttlichen Plans ist. Seine Aufgabe ist es, den Menschen zu reizen und anzutreiben, damit dieser nicht in Untätigkeit verfällt.
Der Prolog im Himmel endet mit Gottes Anweisung an die Erzengel und Mephistos ironischem Kommentar:
- Gott fordert die "echten Göttersöhne" auf, sich an der "lebendig reichen Schöne" zu erfreuen
- Mephisto allein: "Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern, und hüte mich, mit ihm zu brechen"
- Sein letzter Kommentar: "Es ist gar hübsch von einem großen Herrn, so menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen"
Damit ist die Ausgangssituation für das Faust-Drama geschaffen: Die Wette zwischen Gott und Mephisto über Fausts Seele, wobei Gott an das Gute im Menschen glaubt, während Mephisto dessen Verführbarkeit beweisen will.