Das Schicksal des zweiten Gesellen und die Reflexion des lyrischen Ichs
Die vierte und fünfte Strophe von Eichendorffs "Die zwei Gesellen" widmen sich dem Schicksal des zweiten Gesellen. Im Gegensatz zur häuslichen Idylle des ersten Gesellen wird hier ein bewegtes und letztlich tragisches Leben geschildert.
Quote: "Dem zweiten sangen und logen / Die tausend Stimmen im Grund, / Verlockend' Sirenen, und zogen / Ihn in der buhlenden Wogen / Farbig klingenden Schlund."
Diese Verse nutzen die Metapher der Sirenen aus der griechischen Mythologie, um die Verlockungen und Gefahren der Welt darzustellen. Die "buhlenden Wogen" und der "farbig klingende Schlund" symbolisieren die verführerische, aber trügerische Natur dieser Verlockungen.
Vocabulary:
- Sirenen: In der griechischen Mythologie Fabelwesen, die Seefahrer durch ihren betörenden Gesang in den Tod lockten.
- Schlund: Eine tiefe, gefährliche Öffnung oder ein Abgrund.
Die fünfte Strophe zeigt die Konsequenzen dieser Lebensweise:
Quote: "Und wie er auftaucht' vom Schlunde, / Da war er müde und alt, / Sein Schifflein das lag im Grunde, / So still war's rings in die Runde, / Und über die Wasser weht's kalt."
Hier wird deutlich, dass der zweite Geselle am Ende seines Lebens erschöpft und desillusioniert ist. Das Bild des gesunkenen Schiffes symbolisiert das Scheitern seiner Lebensträume.
Highlight: Der Kontrast zwischen der lebendigen, farbenfrohen Welt der Verlockungen und der kalten, stillen Einsamkeit am Ende unterstreicht die Vergänglichkeit weltlicher Freuden.
In der letzten Strophe meldet sich das lyrische Ich zu Wort und reflektiert über die Schicksale der beiden Gesellen:
Quote: "Es singen und klingen die Wellen / Des Frühlings wohl über mir; / Und seh ich so kecke Gesellen, / Die Tränen im Auge mir schwellen - / Ach Gott, führ uns liebreich zu dir!"
Diese Strophe bildet einen Rahmen zum Gedichtanfang, indem sie das Motiv des Frühlings und der singenden Wellen wieder aufgreift. Das lyrische Ich zeigt Mitgefühl für die "kecken Gesellen" und endet mit einem Appell an Gott um Führung.
Definition: Das lyrische Ich ist die Stimme, die in einem Gedicht spricht. Es ist nicht zwangsläufig mit dem Autor identisch.
Diese abschließende Analyse verdeutlicht, wie Eichendorff in "Die zwei Gesellen" verschiedene Lebensentwürfe gegenüberstellt und dabei Themen wie Sehnsucht, Heimat und die Suche nach dem Lebenssinn behandelt. Das Gedicht eignet sich hervorragend für einen Gedichtvergleich im Abitur, insbesondere im Kontext der Reiselyrik der Romantik.