Erster Teil der Abhandlung
Der erste Teil von Herders Sprachursprungstheorie beschäftigt sich mit der Frage: "Haben die Menschen, ihren Naturfähigkeiten überlassen, sich selbst Sprache erfinden können?"
Herder beginnt seine Argumentation mit der Beobachtung, dass Sprache bei Tierlauten ihren Anfang nimmt. Er stellt fest, dass in zivilisierten Kulturen Laute hauptsächlich zum Ausdruck von Gefühlen dienen, während in primitiven Kulturen eine größere Vielfalt an Lauten verwendet wird. Diese ursprünglicheren Sprachen sieht Herder als vorteilhaft gegenüber europäischen Sprachen an.
Ein zentraler Punkt in Herders Theorie ist die Ablehnung eines göttlichen Ursprungs der Sprache. Stattdessen beschreibt er die Sprachentwicklung als evolutiven Prozess. Dabei grenzt er die menschliche Sprache deutlich von tierischen Lauten ab:
- Tiere kommunizieren instinktiv (langage d'action)
- Menschen nutzen Sprache willkürlich und intentional
Definition: "Langage d'action" bezieht sich auf die instinktive, unmittelbare Kommunikation der Tiere, im Gegensatz zur reflektierten menschlichen Sprache.
Herder kommt zu der Einsicht, dass der Mensch den Tieren in Bezug auf die Stärke und Sicherheit des Instinkts unterlegen ist. Dies führt ihn zu dem Schluss, dass der Mensch keinen spezifischen Lebensbereich hat, an den er perfekt angepasst ist. Die Kultur, einschließlich der Sprache, dient als Ausgleich für diesen Mangel.
Highlight: Herders Theorie der Sprache sieht die menschliche Sprachfähigkeit als Kompensation für fehlende instinktive Anpassungen.