Bertolt Brechts "Der gute Mensch von Sezuan" ist ein komplexes Theaterstück über die Schwierigkeit, in einer ungerechten Welt moralisch gut zu handeln.
Die Hauptfigur Shen Te, eine Prostituierte, wird von drei Göttern als einziger guter Mensch in Sezuan identifiziert. Mit dem von ihnen geschenkten Geld eröffnet sie einen Tabakladen, wird aber von der Armut ihrer Mitmenschen überfordert. Um sich zu schützen, erfindet sie einen fiktiven Vetter namens Shui Ta - eine harte, geschäftstüchtige Persönlichkeit. Der Konflikt zwischen Güte (Shen Te) und Härte (Shui Ta) zieht sich durch das gesamte Stück. Während Shen Te allen helfen möchte und sich in den arbeitslosen Piloten Yang Sun verliebt, muss Shui Ta immer öfter eingreifen, um das wirtschaftliche Überleben zu sichern.
Das Stück ist als Parabel konzipiert und spielt in der fiktiven chinesischen Provinz Sezuan. Brecht nutzt Verfremdungseffekte wie direkte Publikumsansprachen und Zwischenspiele, um die Zuschauer zum Nachdenken über gesellschaftliche Strukturen anzuregen. Die zentrale Frage des Stücks - wie man in einer kapitalistischen Gesellschaft gleichzeitig gut und überlebensfähig sein kann - bleibt am Ende unbeantwortet. Die Figurenkonstellation ist komplex: Neben den Hauptfiguren Shen Te/Shui Ta gibt es wichtige Nebenfiguren wie den gierigen Hausbesitzer Shu Fu, die drei Götter und verschiedene Vertreter der armen Bevölkerung. Das offene Ende des Stücks fordert das Publikum auf, selbst nach Lösungen für dieses moralische Dilemma zu suchen.