Über die ästhetische Erziehung des Menschen
In seinen Briefen "Über die ästhetische Erziehung des Menschen" vertieft Friedrich Schiller seine Gedanken zur Kultur und zur Rolle der Kunst in der Gesellschaft. Er kritisiert die zunehmende Spezialisierung und Arbeitsteilung in der modernen Gesellschaft, die seiner Meinung nach zu einer Entfremdung des Menschen von seiner Natur führt.
Quote: "Auseinandergerissen wurden jetzt der Staat und die Kirche, die Gesetze und die Sitten; der Genuß wurde von der Arbeit, das Mittel vom Zweck, die Anstrengung von der Belohnung getrennt."
Schiller kontrastiert die moderne Gesellschaft mit einem idealisierten Bild der Antike, in der die Menschen ein unabhängigeres und ganzheitlicheres Leben geführt hätten. Er beklagt, dass der moderne Mensch zu einem unselbstständigen Teil eines größeren "Uhrwerks" geworden sei, was die Entwicklung einer harmonischen Persönlichkeit verhindere.
Example: Ein Beamter, der nur nach Vorschriften handelt und dabei seinen eigenen Verstand und sein Gefühl vernachlässigt, verkörpert für Schiller diese problematische Entwicklung.
Der Autor erkennt an, dass diese Spezialisierung für den Fortschritt der Menschheit notwendig war, sieht aber die Gefahr, dass der Einzelne dabei seine Individualität und Ganzheit verliert. Als Lösung schlägt Schiller vor, die durch die Kultur zerstörte Totalität in der menschlichen Natur durch eine "höhere Kunst" wiederherzustellen.
Highlight: Schillers Ziel ist die Verbesserung der Gesellschaft im Sinne der Aufklärung und Humanität durch die Veredlung des individuellen Charakters.
Als Heilmittel für die Probleme der modernen Gesellschaft sieht Schiller die schöne Kunst und die Wissenschaft. Er betont, dass diese Bereiche weitgehend immun gegen den Zeitgeist, die Politik und die Willkür der Menschen seien und daher als Grundlage für eine wahre Verbesserung der menschlichen Natur dienen könnten.
Diese Ideen bilden das Fundament für Schillers Konzept der ästhetischen Erziehung, das in den folgenden Briefen weiter ausgearbeitet wird und einen zentralen Platz in der Literatur und Sprache um 1800 einnimmt.