Literarische Erörterung zu Goethes Faust: Gretchens Charakter im Fokus
Diese literarische Erörterung befasst sich mit Johann Wolfgang Goethes "Faust. Der Tragödie erster Teil" und konzentriert sich dabei auf die Figur des Gretchens. Ausgangspunkt ist eine kritische Aussage von Peter Hacks aus seinen "Faust-Notizen" von 1977, in der er Gretchen negativ charakterisiert. Die Erörterung untersucht, ob diese Einschätzung gerechtfertigt ist, indem sie Hacks' Thesen mit dem Originaltext von Goethe vergleicht.
Highlight: Die Erörterung stellt Hacks' negative Sicht auf Gretchen in Frage und untersucht ihre Charakterzüge anhand des Primärwerks.
Zunächst werden Hacks' Kernaussagen über Gretchen vorgestellt. Er behauptet, dass Gretchen nicht aus Liebe, sondern aus Berechnung handelt, um sozial aufzusteigen. Hacks unterstellt ihr einen durchweg schlechten Charakter und stellt sie im Gegensatz zu Faust als minderwertig dar.
Definition: Ein schlechter Charakter wird hier als jemand definiert, der böswillig und manipulativ handelt, nur auf den eigenen Vorteil bedacht ist und Freude am Leid anderer empfindet.
Die Erörterung widerlegt Hacks' Behauptungen Punkt für Punkt:
- Gretchens Charakter: Anhand der Szene "Am Brunnen" wird gezeigt, dass Gretchen zwar in der Vergangenheit negativ über andere gesprochen hat, aber Reue zeigt und sich weiterentwickelt. Ihre Fürsorge für die Familie und ihr frommes Wesen werden hervorgehoben.
Quote: "Wie [sie über] andrer Sünden [n]icht Wort g`nug der Zunge finden [konnte]" (V.3579f.)
- Gretchens Liebe zu Faust: Die Erörterung argumentiert, dass Gretchens Liebe zu Faust echt und tief ist. Sie ist bereit, alles für ihn zu tun, selbst wenn es gegen ihre moralischen Vorstellungen verstößt.
Example: Gretchen leidet unter Liebeskummer, wenn sie Faust nicht sehen kann, was als typisches Verhalten für Verliebte gedeutet wird.
- Fausts Motive: Im Gegensatz zu Gretchens aufrichtiger Liebe wird Fausts Interesse an ihr als oberflächlich und von sexueller Begierde getrieben dargestellt.
Quote: Faust reduziert Gretchen auf ihr Äußeres: "Beim Himmel, dieses Kind ist schön!" (V.2604)
Die Erörterung kommt zu dem Schluss, dass Hacks' negative Einschätzung von Gretchen größtenteils unbegründet ist. Stattdessen werden Gretchens positive Eigenschaften und ihre aufrichtige Liebe zu Faust betont. Die Faust-Gretchen-Beziehung wird als ungleich dargestellt, wobei Gretchen als die moralisch überlegene Figur erscheint.
Highlight: Die Erörterung widerspricht Hacks' Aussage und findet "an Gretchen fast nur das Gute".