Literarische Moderne um 1900
Die Zeit um 1900 war geprägt von einem Nebeneinander verschiedener literarischer Strömungen und Stile, was als Stilpluralismus bezeichnet wird. Diese Vielfalt basierte auf der Orientierungslosigkeit in einer Welt, die von gesellschaftlichen, ideologischen und ästhetischen Brüchen gekennzeichnet war. Thomas Mann beschrieb dies als den "Willensausdruck dieser sehr reich bewegten Zeit, in der viele Strömungen [...] sich überkreuzen und in einander übergingen".
Highlight: Die Epoche um 1900 wird heute nicht als Ende des 19. Jahrhunderts, sondern als Beginn des 20. Jahrhunderts betrachtet.
Neben den anerkannten literarischen Strömungen wie Naturalismus, Impressionismus und Expressionismus entstanden weitere Stilrichtungen, die teilweise aus der bildenden Kunst oder dem französischen Kulturraum übernommen wurden. Dazu gehörten Symbolismus, Ästhetizismus, Décadence, Fin de Siècle, Neuklassik, Neuromantik, Jugendstil und Dadaismus.
Vocabulary: Stilpluralismus - Die Koexistenz und Überschneidung verschiedener künstlerischer Stile in einer Epoche.
Ein gemeinsames Merkmal dieser verschiedenen Strömungen war ein verändertes Verhältnis zur Sprache. Die Leistungsfähigkeit der Sprache als Kommunikationsmittel wurde zunehmend als problematisch empfunden, was zur sogenannten Sprachkrise führte.
Definition: Sprachkrise - Eine Phase, in der die Fähigkeit der Sprache, Realität adäquat auszudrücken und zu kommunizieren, in Frage gestellt wird.
Zu den bedeutendsten Autoren dieser Zeit zählten Hugo von Hofmannsthal, Stefan George, Franz Kafka, Thomas und Heinrich Mann, Robert Musil und Rainer Maria Rilke.