Erläuterung des Zitats von Gustav Le Bon
Das Zitat von Gustav Le Bon aus seinem Werk "Psychologie der Massen" lässt sich in vielerlei Hinsicht auf den analysierten Textauszug aus "Mario und der Zauberer" anwenden. Le Bons Beschreibung der Hypnose und des Massenverhaltens weist deutliche Parallelen zu der von Thomas Mann geschilderten Szene auf.
Zunächst beschreibt Le Bon, wie ein Mensch in einen Zustand versetzt werden kann, in dem er seiner "bewußten Persönlichkeit beraubt" wird und dem Hypnotiseur gehorcht. Dies spiegelt sich in Cipollas Versuch wider, den Herrn aus Rom zum Tanzen zu bringen. Der Zauberer versucht, den Willen des Mannes zu brechen und ihn in einen Zustand zu versetzen, in dem er gegen seinen bewussten Willen handelt.
Highlight: Die Parallelen zwischen Le Bons Beschreibung der Hypnose und Cipollas Manipulationstechniken sind frappierend und unterstreichen die psychologische Tiefe von Manns Novelle.
Le Bon spricht von "Ausströmungen" und einem "besonderen Zustand", der sich der "Verzauberung" nähert. In der Novelle wird dies durch die fast magische Atmosphäre während Cipollas Auftritt und die subtilen, aber wirksamen Techniken des Zauberers dargestellt.
Die Idee, dass das "Verstandesleben des Hypnotisierten lahmgelegt ist", findet sich in der Beschreibung des inneren Kampfes des Herrn aus Rom wieder. Mann schildert, wie der Mann zwar noch Widerstand leistet, aber zunehmend die Kontrolle über seinen Körper verliert:
Quote: "Bei solchen Anzeichen einer zuckenden Versuchung aber, Anzeichen, die jetzt sich verstärkten, jetzt wieder zur Ruhe gebracht wurden, blieb es lange Zeit."
Le Bons Aussage, dass "Wille und Unterscheidungsvermögen fehlen", wird in der Novelle durch den inneren Konflikt des Herrn aus Rom illustriert. Er kämpft gegen den Impuls an zu tanzen, aber sein Wille wird zunehmend schwächer.
Vocabulary: "Anheischig machen" bedeutet, sich zu etwas verpflichten oder versprechen, was im Kontext der Szene Cipollas Überzeugung ausdrückt, den Herrn zum Tanzen bringen zu können.
Die von Le Bon beschriebene Auslöschung der bewussten Persönlichkeit findet in der Novelle ihre Entsprechung in der schrittweisen Überwindung des Widerstands des Herrn aus Rom. Mann beschreibt diesen Prozess als einen Kampf zwischen bewusstem Willen und unbewussten Impulsen:
Quote: "Verstand ich den Vorgang recht, so unterlag dieser Herr der Negativität seiner Kampfposition. Wahrscheinlich kann man vom Nichtwollen seelisch nicht leben; eine Sache nicht tun wollen, das ist auf die Dauer kein Lebensinhalt;"
Diese Passage zeigt, wie der bewusste Wille des Mannes allmählich untergraben wird, was Le Bons These von der Ausschaltung des Bewusstseins unter hypnotischem Einfluss entspricht.
Schließlich trifft Le Bons Beobachtung, dass der Einzelne "sich seiner Handlungen nicht mehr bewußt" ist, auf den Zustand zu, in den Cipolla seine "Opfer" versetzt. In der Novelle wird dies durch die tanzenden Personen auf der Bühne symbolisiert, die laut Cipolla "keinerlei Ermüdung empfinden würden, so lange sie auch tanzten, denn nicht sie seien es eigentlich, die es täten, sondern er."
Example: Die Beschreibung der tanzenden Personen auf der Bühne, die von Cipolla kontrolliert werden, illustriert Le Bons Konzept des unbewussten Handelns unter hypnotischem Einfluss.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Le Bons Zitat in hohem Maße auf den analysierten Textauszug zutrifft. Thomas Mann hat in "Mario und der Zauberer" die psychologischen Mechanismen der Hypnose und Massenmanipulation, wie sie von Le Bon beschrieben wurden, meisterhaft in eine literarische Form gebracht. Die Novelle kann somit als eine künstlerische Interpretation und Verarbeitung der von Le Bon formulierten psychologischen Theorien verstanden werden.
Diese Verbindung zwischen psychologischer Theorie und literarischer Darstellung macht "Mario und der Zauberer" zu einem besonders interessanten Werk für die Analyse von Massenpsychologie und individueller Willensfreiheit im Kontext des aufkommenden Faschismus in Europa.