Charakterisierung und Analyse des 1. Auftritts
Nathans Reaktion auf den Brand zeigt wichtige Charakterzüge: Seine Gelassenheit bezüglich des materiellen Verlusts ("...dass sie sich einfach ein neues bequemeres Haus bauen") verdeutlicht seinen Wohlstand als erfolgreicher Kaufmann. Seine tiefe Besorgnis um Recha hingegen offenbart, was ihm wirklich wichtig ist – nicht Besitz, sondern Menschen.
In den Versen 21-26 wird Nathans emotionale Erschütterung durch rhetorische Fragen und Gedankenstriche deutlich. Seine Verwirrung und Überforderung angesichts der Nachricht zeigen die intensive Bindung zu seiner Adoptivtochter. Diese Szenenanalyse des 1. Aufzugs verrät, dass Nathan trotz seiner Besonnenheit tiefe Gefühle hat.
Interessant ist auch das Verhältnis zu Daja, der christlichen Gesellschafterin. Die Geschenke, die Nathan ihr mitgebracht hat, deuten darauf hin, dass er versucht, ihr Schweigen über Rechas Adoption zu erkaufen. Dieses Detail ist wichtig für die spätere Handlungsentwicklung und verweist auf ein Geheimnis, das im Laufe des Dramas gelüftet wird.
Nach diesem Auftritt folgt das erste Wiedersehen zwischen Nathan und Recha, bei dem er versucht, ihr mit vernünftigen Argumenten den Wunderglauben auszureden – ein typisches Element der Aufklärungsliteratur, die Lessing mit "Nathan der Weise" exemplarisch vertritt.